1911 -
Berlin [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Sandt, Hermann, Schulze, Hermann, Trautwein, Emil, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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lande an und bleiben frei von Wintereis. (Vorteil?) Ihre Mündungen sind
durch den Gezeitenwechsel zu trichterförmigen Meerbusen erweitert. Selbst große
Seeschiffe können daher zur Flutzeit weit ins Land eindringen.
b) Klima und Erzeugnisse. England hat ein ausgeprägtes Seeklima mit
milden Wintern, kühlen Sommern, starker Nebel- und Wolkenbildung und reich-
lichen Niederschlägen. Dies hängt mit seiner Lage im Meere und mit der Nähe
des warmen Golfstromes zusammen. In diesem feuchtmilden Klima grünen
Myrten und Lorbeerbäume selbst zur Winterzeit im Freien. Nur der Wein
wird wegen der geringen Sommerwärme nicht reif. Fast überall lachen uns
üppige Wiesen entgegen; sie werden von Baumgruppen und Baumreihen unter-
brochen und gleichen so einer großen Parklandschaft. Der üppige Graswuchs
begünstigt die Viehzucht. Berühmt sind die englischen Vollblutpferde (Renn-
pferde) und Rinder und die großen, feinwolligen Schafe, die auf den trockenen
Hügellandschasten gehalten werden. Der Ackerbau erzeugt besonders Weizen,
Gerste und Hopfen. An Wäldern ist England arm; sie sind dem Schiffbau lind
der Industrie zum Opfer gefallen.
c) Städte des Tieflandes. Zu beiden Seiten der Themse liegt die Hauptstadt Lonckon.
Sie ist die größte Stadt der Erde (mit Vororten 7,5 Mill.), ein Hauptsitz der Industrie und
eine Welthandelsstadt ersten Ranges. Das ist sie geworden a) durch ihre Lage in größter
Nähe des Meeres, b) des europäischen Festlandes, o) dadurch, daß die größten Seeschiffe
durch die Meerbusen artige Themsemündung (mit der Flut) bis in die Stadt gelangen
können, ä) dadurch, daß sie leicht durch Kanäle mit den westlichen Häsen und Industrie-
gebieten verbunden werden konnte. — Unterhalb von London liegt Greenwich sgrinitschs
bekannt durch seine Sternwarte. An der durch landschaftliche Schönheit ausgezeichneten
Südküste finden wir Dover, von wo die Überfahrt nach Frankreich stattfindet, ferner den
größten englischen Kriegshasen portsrnoulb [portsmößf mit großartigen Wersten und Docks,
sodann Soukbanipton [saußämptnf, die Hauptstation der englischen überseeischen Post-
dampfer. An der Westküste liegen lzriltol [briftl] und Liverpool (liwrpuhls [760 T.), die
zweitgrößte Handelsstadt Englands und der bedeutendste Baumwollenmarkt Europas.
3. Vas engliicb-Tcbottiicbe Bergland ist nur von mäßiger Höhe. Man
unterscheidet a) das Bergland von Cornwall s-uöls, d) das Gebirge von Wales
snälss, c) das Bergland von Nordengland und cl) das schottische Bergland.
Das Bergland von Cornwall ist reich an Blei-, Kupfer- und Zinnerzen, das
von Nordengland an ungeheuren Steinkohlen- und Eisenlagern. Das größte
Steinkohlenbergwerk liegt an der Ostküste bei Newcastle snjukaßl), dem Haupt-
ausfnhrhafen für Kohlen. Ans dem Kohlen- und Eisenreichtum beruht die groß-
artige Entwicklung der englischen Industrie; sie erstreckt sich aus die Verarbeitung
von Metall, Baumwolle und Schafwolle.
Die Hauptsitze für Metallverarbeitung sind Dirrningbani [börming'äms (564 T.)
und Sbemelck (471 T.). Der Mittelpunkt für Baumwollspinnerei und -Weberei und
die erste Fabrikstadt der Erde ist Mancbeller [mantschestrs (655 T.), das die größten
Seedampfer auf dem Manchesterkanal (57^2 km) erreichen können. Der Hauptsitz der
Schafwollindustrie ist Leecls [lidsf. Nächst Manchester ist Glasgow [gläsgof (872 T.)
in Schottland der bedeutendste Fabrikort für Baumwollenwaren. Es liegt inmitten
reicher Kohlenlager und ist mehr als doppelt so groß wie Sckinburg, die Hauptstadt
Schottlands (355 T.).
Das schottische Hochland ist eine kahle, düstere Landschaft mit weiten
Heiden und Mooren und vielen Seen. Die genügsamen, an alter Sitte und