1911 -
Berlin [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Sandt, Hermann, Schulze, Hermann, Trautwein, Emil, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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ihre Abhänge steigen aus den muldenartigen Tälern allmählich in die
Höhe. Die Kalkalpen dagegen erheben sich steil und verlaufen in schroffe Fels-
zacken und Grate oder in breite Hochflächen; ihr Inneres wird von Höhlen,
Klüften und Klammen durchzogen. (Erkläre!)
2. Die Gtitstebung der Htpen. Die Alpen sind durch Faltung der festen Erd-
rinde entstanden, gehören also zu den Faltengebirgen. Die faltende Kraft hat von S. und
So. (von der einsinkenden Po-Tiefebene her) gewirkt. Dadurch mußte die Erdkruste nach
N. und Nw. zusammengeschoben, d. h. gefaltet werden. Die Ursache der Faltung war ein
gewaltiger Druck, der in wagerechter Richtung auf die Erdrinde einwirkte. Dieser Druck
kommt durch das Schrumpfen des Erdinnern zustande. Die Erde strahlt in den kalten
Weltenraum mehr Wärme aus, als sie von der Sonne empfängt; sie wird also immer
kälter und zieht sich infolgedessen zusammen. Von dieser Abkühlung und Zusammenziehung
wird der glühendheiße Erdkern viel stärker betroffen als die schon erkaltete Erdrinde.
Diese legt sich daher wie die Schale eines austrocknenden Apfels in Falten. Zu den
Faltengebirgen rechnet man außer den Alpen die höchsten Gebirge der Erde: Karpathen,
Pyrenäen, Apenninen, Ural, Himalaya, Anden u. a.
3. Rlinia, Vklanzen- und "Cicrwelt. Das Klima der Alpen ist nach den
Höhenstnfen außerordentlich verschieden, da die Wärme bei je 1000 m Steigung
um etwa 6° 0. abnimmt. Infolge ihrer Höhe und der vorherrschenden West-
winde find sie reich an Niederschlägen. Daher der Reichtum an Quellen,
die große Ausdehnung der Schneefelder und Gletscher und die Üppigkeit
der Alpenweiden. In den sonnigen und geschützten Tälern sieht man grüne
Wiesen, lachende Obstgärten, wogende Kornfelder. Hier liegen langgestreckte
Städte und Dörfer, deren Häufer mit weit vorspringenden Dächern versehen sind.
(Warum?) Am Fuße der Berge dehnen sich schöne Laubwaldungen aus. Weiter
nach oben folgen Nadelhölzer (Fichten, Lärchen) und grüne Matten, auf denen
Alpenrosen und würzige Bergkräuter wachsen. Noch höher hinauf bedecken Moose
und Beerensträucher den Boden, und Felsblöcke türmen sich auf- und über-
einander. Zwischen ihnen nistet der Steinadler und klettert die Gemse umher;
hier ist die Heimat des Berghasen, des Murmeltiers und des Schneehuhns, die
oft von Adlern und Geiern verfolgt werden. Von etwa 2700 m an sind die
Kämme und Gipfel mit einem ewigen Schnee- und Eispanzer umkleidet, aus dem
nur die senkrechten Nadeln und Grate dunkel und unheimlich herausschauen.
4. Gletscher. Dort oben reicht die Sommerwärme nicht mehr aus, die im Laufe
eines Jahres fallenden Schneemassen abzuschmelzen. Diese bleiben in den Schluchten und
Mulden liegen und bilden den Firnschnee (firn — vorjährig).
Die aus ihm herabhängenden Eiszungen sind die Gletscher.
Auf der abschüssigen Unterlage gerät nämlich der Firnschnee
durch seine eigene Schwere ins Rutschen, und nach und nach
bildet sich durch öfteres Tauen und Gefrieren aus ihm eine
schmiegsame Masse, das Gletschereis. Soviel der Gletscher
nach unten vorrückt, soviel schmilzt er hier gewöhnlich ab.
Dadurch bilden die Gletscher eine nie versiegende Quelle
vieler mächtiger Ströme (z. B.?) und entlasten auf langsame,
aber sichere Weise das Hochgebirge, das sonst in kurzer Zeit
völlig vereist sein würde. Auf dem Gletscher senden die
Gebirge auch ihre Trümmer, die Moränen, zu Tale. Durch
Frost, Regen und Sturm vom Felsen losgelöst, fallen sie auf Gletickermoränen
den Gletscher herab, bleiben an den Rändern liegen und bilden , Seiten„ und m ^itteimotänen
me L-ertenmoranen. Treffen zwei Gletscher zusammen, so « Endmoräne.