1911 -
Berlin [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Sandt, Hermann, Schulze, Hermann, Trautwein, Emil, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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wo die weiten Grasflächen der Oasen die berühmte arabische Pferdezucht und
Schaf- und Kamelzucht begünstigen, wohnen die nomadischen Beduinen (— Wüsten-
bewohner). In den Randlandschaften sind die Araber Ackerbauer, Städtebewohner
und Handelsleute. Die Industrie (Hausindustrie) erzeugt Waffen, Wollstoffe und
Lederwaren. Am Roten Meere beansprucht der türkische Sultan die Schutz-
herrschaft, namentlich über die heiligen Stätten Mekka und Medina.
Mekka (d. h. Mutter der Städte, 60 T.), die Geburtsstätte Mohammeds, muß jeder
Mohammedaner — so ist es Vorschrift des Korans — einmal in seinem Leben gesehen
haben. Im Vorhofe einer Moschee befindet sich das Heiligtum, die Kaaba, ein kleines,
würfelartiges Gebäude. In der einen Ecke ist ein schwarzer Stein eingemauert, den
Abraham der Sage nach vom Engel Gabriel erhalten hat. Unter Gebet umschreiten die
Gläubigen die Kaaba und küssen den Stein, um Vergebung der Sünden zu erlangen. —
In sßedina ist Mohammed gestorben. — An der Südküste liegt die englische Freihafen-
stadl Aden [ebn] in einem öden, heißen Lavakessel. Durch Ankauf dieses Landstrichs hat
sich England die Herrschaft im Roten Meere gesichert. In der Landschaft Oman im So.
liegt Maskat. — Zu Arabien gehört auch die Sinaihalbinsel mit dem Sinaigebirge,
sowie die durch Perlenfischerei bekannte Insel Ormus.
5. Vorderindien. (8 mal so groß wie Deutschland. — 290 Mill. E.)
1. Der I)iniälaja (— Heimat des Schnees) bildet den Nordrand Vorder-
indiens. Dieses größte Hochgebirge der Erde (mit dem Mount smaunt) Everest,
8800 m) besteht wie die Alpen aus einer mittleren Zone, die aus Gneis und
Granit ausgebaut ist, und aus zwei Außenzonen, die aus Kalkgesteinen und
Schiefer bestehen. Seine Nordhänge sind infolge der Trockenheit Zentralasiens
(S. 210) kahl, seine Südhänge reich bewachsen. Auf Palmenwälder am Fuße
folgen weiter hinauf Bambusdickichte, dann Eichen, Weiden, Kiefern, endlich das
Gebiet der Alpenrosen. Noch weiter hinauf dehnen sich ungeheure Firnfelder mit
mächtigen Gletschern aus. In einem Hochtale liegt wie in einem „Garten des
ewigen Frühlings" Kaschmir, durch Schalwebereien berühmt.
2. Die Indikcke Tiefebene zerfällt in einen westlichen, vom Indus durch-
strömten Teil und in einen östlichen, der vom Ganges-Brahmaputra bewässert
wird. Der westliche Teil ist mangels ausreichender Niederschläge ein Steppen- oder
Wüstengebiet und nur an den Flußläufen fruchtbar. Die ostindische Ebene (Hindo-
sian) ist infolge reichlicher Niederschläge und der jährlichen Überschwemmungen
des Ganges außerordentlich fruchtbar und dicht bevölkert. Im Tieflande von
Bengalen vereinigen sich Ganges und Brahmaputra und bilden ein gewaltiges
Delta von außerordentlicher Fruchtbarkeit, das sich durch Schlammablagerungen
unausgesetzt vergrößert. Auf den Schlamminseln finden sich Dickichte von Bambus-
rohr, Schilf u. a. Sumpfgewächsen, die Dschungeln. Hier beschleicht der Tiger
den Büffel; im Wasser lauern Krokodile und im Sumpfe giftige Schlangen. An
einem der schiffbaren Arme liegt Kalkutta (mit Vorstädten 1,3 M.), die Haupt-
stadt Indiens und der Wohnsitz des englischen Vizekönigs.
3. Klima und Bodener^eugnitte. Die Tiefebene hat schon ihrer südlichen
Lage wegen ein heißes Klima; dazu kommt, daß sie gegen die Nordwinde geschützt
ist. Die Regenzeit dauert vom Mai bis zum November. Im Sommer erhitzt
sich nämlich Jnnerasien stark. Dadurch wird die Luft verdünnt, so daß die kühlere,