1893 -
Breslau
: Hirt
- Hrsg.: Sieber, Hermann, Steinweller, F., Rohn, R. A., Paust, J. G., Nowack, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
A. Geschichte
§ 1. Unser Kaiserhaus.*)
A. Wilhelm Ii. 1. Jugend. Unser geliebter Kaiser Wilhelm Ii. ist
deutscher Kaiser und König von Preußen. Er wurde am 27. Januar 1859
geboren. Sein Vater war der spätere deutsche Kaiser Friedrich Iii., seine
noch lebende Mutter ist die Kaiserin-Mutter Viktoria. Diese seine Eltern
bemühten sich eifrig um die Erziehung des Prinzen und beaufsichtigten ihn
beim Spiel und später bei der Arbeit. Als der Prinz 7 Jahr alt geworden
war, wurde er einem besonderen Erzieher, vr. Hinzpeter, übergeben, der
ihn in der sorgsamsten Weise unterrichtete. Daneben lernte er reiten, fechten,
exerzieren, schwimmen und rudern, damit auch sein Körper gekräftigt werde.
Durch genaue Zeiteinteilung lernte er Ordnung und Pünktlichkeit lieben. —
Nach seiner Konfirmation wurde er von seinen Eltern mit seinem Bruder
Heinrich auf das Gymnasium zu Kassel gebracht. Durch seinen regen Fleiß
und seinen Gehorsam erwarb er sich die Liebe aller seiner Lehrer, durch sein
schlichtes, anspruchsloses Wesen die seiner Mitschüler. Kurz vor seinem
18. Geburtstage verließ er, nach gut bestandener Abgangsprüfung, das Gym-
nasium. In demselben Jahre trat er als Offizier in das 1. Garde-Regiment
ein und verrichtete täglich seinen Dienst mit der größten Treue. Im Herbste
dieses Jahres bezog er die Universität Bonn, wo er 2 Jahre lang eifrig
Staatswissenschaft und Geschichte studierte. Nach dieser Unterbrechung trat er
wieder bei seinem Regiment als Offizier ein und zeigte sich so gewissenhaft
und fleißig, daß ihn sein Großvater, Kaiser Wilhelm I., lobte und zum Haupt-
mann beförderte.
2. Unsers Kaisers Verheiratung und sein Familienleben. Am
27. Januar 1881 vermählte sich Prinz Wilhelm mit der Prinzessin Auguste
Viktoria von Schleswig-Holstein. Alle guten Preußen und Deutschen freuten
sich über diese Verbindung, und kaum zu zahlen waren die Glückwünsche und
kostbaren Geschenke, die dem hohen Paare dargebracht wurden. — Mit seiner
jungen Gemahlin bezog Prinz Wilhelm das Schloß zu Potsdam. Gott
segnete das hohe Paar und schenkte ihm 7 Kinder, die zu der Eltern und des
Landes Freude herrlich gedeihen. Des ältesten Sohnes, des Kronprinzen, Ge-
burt (6. Mai 1882) rief in ganz Deutschland große Freude hervor. „Vier Kaiser!"
jubelte man. Soldatenspiel ist der kleinen Prinzen liebste Beschäftigung; der
Kronprinz ist ihr Offizier, der die andern fleißig marschieren läßt. Sobald der
Vater zu den Knaben tritt, so begrüßen ihn dieselben wie Soldaten. Die
älteren Prinzen aber empfangen auch schon Unterricht und lernen fleißig. Die
Pflege und Erziehung ihrer Kinder bereitet der Kaiserin hohe Freude, und
auch ihr hoher Gemahl findet trotz seiner vielfachen Arbeiten Zeit, sich mit
den Prinzen liebreich zu beschäftigen. So führt die kaiserliche Familie ein
inniges, trautes Familienleben.
*) Tiefer § ist zunächst für die Mittelstufe bestimmt; die mit Sternchen versehenen
Abschnitte bleiben aber besser der Oberstufe vorbehalten.
F. Hirts Realienbuch. Heft 26. 1