1893 -
Breslau
: Hirt
- Hrsg.: Sieber, Hermann, Steinweller, F., Rohn, R. A., Paust, J. G., Nowack, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Geschichte.
3. *) Kaiser Wilhelms It. weitere Vorbereitung auf seinen
hohen Beruf. Bald nach seiner Verheiratung wurde Prinz' Wilhelm zum
Befehlshaber der Gardehusaren ernannt. Auch in dieser Stellung leistete er
Hervorragendes, so daß er bei Vorführung seines Regimentes von seinem Groß-
vater und auch von seinem Oheim, dem großen Reitergeneral Prinzen Friedrich
Karl, großes Lob erntete. So wurde Prinz Wilhelm ein tüchtiger Soldat
und Heerführer, wie es von einem Hohenzoller ja nicht anders zu erwarten
ist. — Aber auch die Verwaltung und Regierung des Landes lernte er
gründlich kennen. Täglich arbeitete er mit dem Oberpräsidenten von Branden-
burg zusammen, nahm öfters teil an den Sitzungen des Kreis- und des
Provinziallandtages und ließ sich besonders durch den Reichskanzler,
Fürst Bismarck, in die Geschäfte der Regierung einweihen. — Wie sein Groß-
vater, Kaiser Wilhelm I., besaß er schon als Prinz ein warmes Herz für die
Lage der ärmeren Volksschichten und wünschte wie jener, daß für die kranken
und alten Arbeiter besser gesorgt werde als bisher.
4. Kaiser Wilhelms Thronbesteigung. Das Jahr 1888 wurde
für unser Herrscherhaus und für das ganze Vaterland ein rechtes Trauerjahr.
Der Vater des Prinzen Wilhelm, der Kronprinz Friedrich Wilhelm, der nach-
malige Kaiser Friedrich Iii., war an einem unheilbaren Halsleiden erkrankt
und weilte fern in Italien, in San Remo. Dies schwere Geschick ging be-
sonders dem fast 91jährigen Kaiser Wilhelm I. sehr nahe. Er erkrankte und
starb am 9. März 1888, vom ganzen Volke aufs schmerzlichste betrauert
Kaiser Friedrich kehrte nach Deutschland heim und trat die Regierung an.
Aber die furchtbare Krankheit raffte ihn schon nach 99 Tagen, am 15. Juni,
dahin, und so stand unser Kaiser Wilhelm H. schmerzerfüllt zum zweiten Male
an der Totenbahre. — 29 Jahre alt war er, als er den Thron seiner Väter
bestieg. Durch die schweren Schicksale war er in kurzer Zeit zu einem ernsten
und gereisten Manne geworden.
*) 5. Seine Regierung. Bald nach seinem Regierungsantritte erließ
Kaiser Wilhelm Ii. mehrere Kundgebungen und hielt Ansprachen an die
Abgeordneten Deutschlands und Preußens. Er gelobte: „Ich will ein
gerechter und milder Fürst sein; den Armen und Bedrängten will ich helfen,
den Frieden schirmen und die Wohlfahrt des Landes fördern!"
Und dies Gelübde hat er gehalten. Er hat weite und sehr beschwerliche
Reisen unternommen nach Rußland, Schweden, Dänemark, Österreich, Italien,
England und selbst nach Athen und Konstantinopel, um all den fremden Fürsten
und ihren Unterthanen zu zeigen, daß er den Frieden wünscht. Überall
wurde er mit großen Festlichkeiten empfangen, und er erwarb sich Gunst bei
hoch und niedrig. — Aber unser Kaiser arbeitet auch fleißig an der Vervoll-
kommnung des Heeres und der Kriegsflotte, damit beide immer kriegstüchtiger
werden und das Vaterland beschützen können, wenn es angegriffen werden
sollte. So sind die Waffen verbessert und neues, raucharmes Pulver einge-
führt worden. — Alljährlich nimmt der Kaiser teil an mehreren Manövern. —
Im Jahre 1890 schloß er mit der Königin von England einen Vertrag.
Er überließ ihr ferne Gebiete in Afrika und erhielt dafür die vor der Elb-
mündung liegende deutsche Insel Helgoland, die seit 80 Jahren zu Eng-
land gehörte.
Er sorgt aber auch unausgesetzt für den Frieden im Innern des Landes.
Die von Wilhelm I. begonnene Gesetzgebung zu Gunsten des arbeitenden,
armen Volkes hat er thatkräftig fortgesetzt durch Erlaß des Alters- und
Invaliden-Pensionsgesetzcs, so daß jetzt der kranke Arbeiter Arznei, Ver-