1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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S. Nach dem Aufstehen.
Nein gehalten dein Gewand, rein gehalten Mund und Hand!
Rein das Kleid von Erdcnputz, rein von Erdenschmutz die Hand!
Sohn, die äuß're Reinlichkeit ist der innern Unterpfand.
6. Von der Seife.
Gewiß kennst du das Märchen von Rupert, dem Bärenhäuter.
Der Fürst dieser Welt verspricht ihm, die Taschen allezeit mit Thalern
und Dukaten zu füllen, wenn er sieben Jahre lang sich nicht wasche,
nicht kämme, den Bart nicht abschere und die Nägel nicht abschneide.
Ein sonderbares Verlangen! meinst du. Wie mag er nur auf diese
Bedingung gekommen sein? Die Sache ist einfach. Ein Mensch, der
Jahr für Jahr seinen Leib so gut wie gar nicht Pflegt, sinkt am Ende
zum Tiere herab. Im Gesichte wird er dem Uhu ähnlich, er bekommt
Hände wie Adlersklauen, und mit der Zeit wird ihm wie dem be-
kannten Haustiere der Schmutz das Element, in welchem er sich so
wohl fühlt, wie der Fisch im Wasser. Er vergißt, daß er eine Seele
hat, und es ist ihm einerlei, ob nach dem Tode die Seele zurückkehrt
zu dem, der sie gegeben hat, oder ob sie an den Ort der Qual kommt.
Derjenige hingegen, welcher seinem Leibe die gehörige Pflege und Ehre
anthut, wird sich dann und wann doch darauf besinnen, daß der
Mensch zum Bilde Gottes geschaffen ist; wer die Augen wäscht und
die Ohren rein hält, wird leichter imstande sein, etwas von der
Herrlichkeit Gottes in der Natur und in seinem Worte zu spüren, und
wer keinen Schmutz an seinem Körper duldet, wird mitunter auch einen
Ekel haben vor dem Schmutze, welcher sich in der Sünde an seine
Seele hängt. Merke: Auch das Stückchen Seife, welches die Mutter
in den Waschtisch legt, will der liebe Gott dazu brauchen, dich bei ihm
zu erhalten, zu ihm zurückzuführen.
Siehe dir nun den äußerlichen Dienst an, welchen dir die
Seife leistet. Worin besteht er? Hauptsächlich in der Reinigung
deiner Haut. Der menschliche Leib ist nämlich einem geheizten Ofen
nicht unähnlich. Mund und Nase sind die Esse, durch welche der
Rauch ausströmt, die Haut aber ist der Ort, wo sich die Asche und
die Schlacken ablagern. Von dem Schweiße, welchen Wärme und
Luft auflecken, bleibt auf der Haut eine Menge salziger Stoffe zurück.
Von ihrem Vorhandensein kannst du dich leicht überzeugen, wenn du
mit der Zungenspitze über einen deiner Finger hinwegführst. Aus den
Drüsen und Zellen der Unterhaut sondern sich fettige Stoffe ab,
welche auf der Oberhaut zu Talg sich verhärten. Willst du auch
dafür den Beweis haben? Tauche deinen Finger in das Wasser!
Ziehst du ihn wieder heraus, so wirst du manchmal bemerken, daß er
nicht gleichmäßig naß ist, sondern daß das Wasser nur hier und da
in größeren oder kleineren Tropfen hängen geblieben ist; an allen den-
jenigen Stellen, welche fettig waren, konnte es nicht haften. Mit den
salzigen und fettigen Teilen verbindet sich Staub aller Art, und so ent-