1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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38. Habe Gottes Wort wert und lieb.
Im Jahre 1816 scheiterte an der klippenvollen Küste von Schott-
land in einem heftigen Sturme ein schwedisches Schiff. Das Volk
stand in großen Scharen am Strande, hatte ein Herz zu helfen und war
auch sonst der Kümpfe mit dem ungetreuen Elemente gewohnt; aber
durch diese wilden Wogen wagte sich kein Lotse hindurch. So ward
denn ein Stück des Schiffes nach dem andern weggerissen, und ein
Mann der Besatzung nach dem andern sank in die kalte Tiefe; die
Wellen wurden ihre Grabhügel. Nur ein Jüngling hatte sich mit
Stricken vom Tauwerk an ein Stück vom zerbrochenen Maste ge-
bunden. Die Flut trieb eine Weile mit ihm ihr Spiel; endlich warf
sie ihn zwar noch lebend, aber ohne Bewußtsein an das Land. Das
Volk war gleich herbei, ihm hilfreiche Hand zu leisten, ihn von seinem
Wrack loszubinden und den glimmenden Funken des Lebens wieder
zur hellen Flamme anzufachen. Da bemerkte man, daß er sich mit
einem Tuche ein Bündlein fest um den Leib gebunden hatte. Es
tauchte die Frage auf: „Was mag er darin haben?" Einer meinte:
„Es ist sein Geld," ein anderer: „Es ist seine Uhr," ein dritter:
„Es sind die Schiffspapiere." Und alle hatten unrecht und doch auch
recht. Es war das Geld, welches dann noch gilt, wenn alles andere
seinen Gehalt verloren hat. Es war die Uhr, welche allein richtig
zeigt, was es in uns, in der Kirche, in der Welt an der Zeit ist.
Es waren die Schiffspapiere, welche angeben, was unser Herzensschiff
laden soll, wer der Steuermann sein und welchen Weg es nehmen
soll, wenn es glücklich an der Küste des einigen ewigen Festlandes an-
landen will. Als man das Bündlein öffnete, war eine viel gebrauchte
Bibel darin. Der Vater des Jünglings hatte auf das erste weiße
Blatt das Gebet geschrieben, der Herr wolle diese Mitgift dazu dienen
lassen, daß sein Sohn vom ewigen Verderben errettet werde. Auf
dem letzten weißen Blatte stand von derselben Hand die Erinnerung,
daß der Sohn dies teure Buch zu einem steten Ratgeber machen solle,
und zugleich das Bekenntnis, daß der Vater sein Kind nicht habe ans
dem Hause lassen können, ohne ihm dies beste Unterpfand seiner Liebe
mitzugeben.
39. Sprüche und Sprichwörter.
Gott hat dem Menschen zwei Bücher vorgelegt, darin er sich
wohl soll umsehen : das Buch der Natur und die heilige Schrift. Denn
weil das erste Buch etwas schwer und undeutlich zu lesen war, wie
an den Heiden und ihrem thörichten Aberglauben zu sehen, so ist das
andere noch dazu gekommen. — Die Natur ist eine Hand Gottes,
die Gnade sein Herz; diese Hand zu küssen und an diesem Herzen
zu ruhen, das ist ein Gang durch Zeit und Ewigkeit. — Natur,
Gottes Spur, der Mensch, Gottes Bild, Christus, des Vaters Ebenbild,
Gott das Leben, das Licht, die Liebe. — Drei Testamente reden,
Mensch, von deines Gottes Wesen : willst du das erste recht versteh n,