1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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mir; wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich thun willst, so soll dir
es gut gehn, nur musst du acht geben, dass du mir mein Bett gut
machst und es fleissig aufschüttelst, dass die Federn fliegen; dann schneit
es in der Welt; ich bin die Frau Holle l“ Weil die Alte ihm so gut
zusprach, willigte das Mädchen ein und begab sich in ihren Dienst.
Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schüttelte ihr das
Bett immer gewaltig auf; dafür hatte es auch ein gut Leben hei ihr,
kein böses Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes.
Nun war es eine Zeitlang hei der Frau Holle, da war es traurig
in seinem Herzen; und ob es hier gleich viel tausendmal besser war,
als zu Haus, so hatte es doch ein Verlangen dahin; endlich sagte es
zu ihr: „Ich habe den Jammer nach Haus gekriegt, und wenn es mir
noch so gut hier geht, so kann ich doch nicht länger bleiben.“ Die
Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, dass du nach Haus verlangst, und
weil du mir so getreu gedient hast, so will ick dich selbst wieder hin-
aufbringen.“ Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein
goldenes Thor. Das Thor ward aufgethan, und wie das Mädchen gerade
darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an
ihm hängen, so dass es über und über davon bedeckt war. „Das sollst
du haben, weil du so fleissig gewesen bist,“ sprach die Frau Holle und
gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war.
Darauf wurde das Thor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben
auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus, und als es in den
Hof kam, sass der Hahn auf dem Brunnen und rief:
„Kikeriki! Unsere goldene Jungfrau ist wieder hie!“
Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt
ankam, ward es gut aufgenommen.
Als die Mutter hörte, wie es zu dem Beichtum gekommen war,
wollte sie der andern hässlichen faulen Tochter gern dasselbe Glück
verschaffen. Sie musste sich auch an den Brunnen setzen und spinnen;
und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und
zerstiess sich die Hand an der Dornhecke. Dann warf sie die Spule in
den Brunnen und sprang selber hinein. Sie kam, wie die andere, auf
die schöne Wiese und ging auf demselben Pfade weiter. Als sie zu
dem Backofen gelangte, schrie das Brot wieder: „Ach, zieh’ mich ’raus,
zieh’ mich ’raus, sonst verbrenne ich, ich bin schon längst ausgebacken.“
Die Faule aber antwortete: „Da hätt’ ich Lust, mich schmutzig zu
machen,“ und ging fort. Bald kam sie zu dem Apfelbaume, der rief:
„Ach schüttle mich, wir Apfel sind alle mit einander reif.“ Sie ant-
wortete aber: „Du kommst mir recht, es könnte mir einer auf den Kopf
fallen,“ und ging weiter. Als sie vor der Frau Holle Haus kam,
fürchtete sie sich nicht, weil sie von ihren grossen Zähnen schon gehört
hatte, und verdingte sich gleich zu ihr. Am ersten Tage that sie sich
Gewalt an, war fleissig und folgte der Frau Holle, wenn sie ihr etwas
sagte; denn sie dachte an das viele Gold, das sie ihr schenken würde.
Am zweiten Tage fing sie schon an zu faulenzen, am dritten noch mehr,
da wollte sie morgens gar nicht aufstehen, sie machte auch der Frau
Holle ihr Bett schlecht und schüttelte es nicht, dass die Federn auf-