1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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am andern Morgen, als eben die Russen anrückten, wurde die Brücke
abgebrannt. Alle die Unglücklichen, welche noch zurück waren, liefen nun
in Verzweiflung am Ufer umher; einige suchten hinüberzuschwimmen,
andere wagten sich aus die schwimmenden Eisschollen, und noch andere
stürzten sich, jeder Überlegung beraubt, in die Flammen hinein. Der
Überrest fiel den erbitterten Russen in die Hände, welche die meisten tot-
stachen; am Leben Erhaltene wurden mit Knntenhieben ins Innere von
Rußland zurückgetrieben. Die über die Brücke Entkommenen wären noch
verloren gewesen, hätten nicht die Russen unbegreiflicher Weise alle die
langen, über die Sümpfe der Beresina führenden Brücken stehen lassen;
aber die meisten waren nur gerettet, um eines noch grausameren Todes
zu sterben; denn die Kälte wurde von Tage zu Tage strenger, und nun
ging die Not erst recht an. Die letzte Spur von Ordnung war aus-
gelöst; alle liefen durch einander, so wie jeden die Flucht trieb.
251. An mein Volk.
(17. März 1813.)
So wenig für mein treues Volk, als für alle Deutsche bedarf es
einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt.
Klar,, liegen sie dem unverblendeten Sinne vor Augen. Wir erlagen unter
der Übermacht Frankreichs. Der Friede schlug uns tiefere Wunden, als
selbst der Krieg; das Mark des Landes ward ausgesogen, der Ackerbau,
so wie der Kunstfleiß,, der Städte gelähmt; die Hauptfestuugen blieben
vom Feinde besetzt. Übermut und Treulosigkeit vereitelten meine besten
Absichten, und nur zu deutlich sahen wir, daß Napoleons Verträge mehr
noch, als seine Kriege, uns langsam verderben mußten. Jetzt ist der Augen-
blick gekommen, wo alle Täuschung aufhört. Brandenburger, Preußen,
Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was euer trauriges Los sein
wird, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll endigen! — Große
Opfer werden von allen gefordert werden; denn unser Beginnen ist groß
und nicht gering die Zahl und Mittel unserer Feinde. Aber welche auch
gefordert werden, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für welche wir
sie hingeben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht auf-
hören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. — Mit Zuversicht dürfen
wir vertrauen, Gott und ein fester Wille werden unserer gerechten Sache
den Sieg verleihen und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit.
Friedrich Wilhelm Hl.
252. Der Trompeter an der Katzbach.
1. Von Wunden ganz bedecket,
Der Trompeter sterbend ruht,
An der Katzbach hingestrecket,
Der Brust entströmt das Blut.
2. Brennt auch die Todeswunde.
Doch sterben kann er nicht,
Bis neue Siegeskunde
Zu seinen Ohren bricht.
3. Und wie er schmerzlich ringet
In Todesängsten bang,
Zu ihm herüberdringet
Ein wohlbekannter Klang.
4. Das hebt ihn von der Erde,
Er streckt sich starr und wild —
Dort sitzt er auf dem Pferde
Als wie ein steinern Bild.