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1. Für Oberklassen - S. 324

1893 - Altenburg : Bonde
324 Als die Nacht das weite Leichenfeld bedeckte, befand sich Napoleon noch auf dem Hügel bei der Stötteritzer Windmühle. Er hatte seinem ersten Adjutanten die Anordnung des Rückzugs mitgeteilt, und dieser diktierte sie an einem Seitenwachtfeuer einigen anderen Adjutanten. Rings- um herrschte tiefe Stille, Napoleon war, überwältigt von den Anstren- gungen des Tages, auf einem hölzernen Schemel eingeschlafen. Nachlässig zusammengesunken, die Hände schlaff im Schoße ruhend, saß er da mitten auf dem weiten Blutfelde, das durch die Flammen von zwölf brennenden Dörfern und durch unzählige Wachtfeuer taghell erleuchtet war. Die Anführer standen düster und stumm um das Feuer, die zurückziehenden Haufen rauschten in einiger Entfernung vorüber. Nach einer Viertel- stunde erwachte Napoleon und warf einen großen verwunderungsvollen Blick im Kreise um sich her. Dann stand er auf und traf gegen 9 Uhr in Leipzig ein; hier nahm er wie durch einen Spott Gottes das letzte Nachtlager im Gasthofe zum Könige von Preußen. Des andern Morgens in der neunten Stunde, als man bereits schießen hörte, brach Napoleon auf, um Leipzig zu verlassen. Die Straßen waren mit Flüchtlingen, Kanonen, Wagen voll gepfropft. Er kam in ein so arges Gedränge, daß seine Begleiter mit flachen Hieben in die Menge schlugen, um Schritt für Schritt Platz zu schaffen. Eine ganze Stunde verging, ehe Napoleon vom Petersthore bis an das äußere Ende der Stadt gelangte. In sich gekehrt, öfters an ein Fläschchen riechend, ward er von dem Strome der Flüchtigen fortgeschoben. Eine Stunde darauf erstürmte die Königsberger Landwehr unter ihrem Major Friccius das äußere Grimmaische Thor, und nicht lange nachher drangen die Ver- bündeten auch an anderen Orten in die Stadt. Gegen zwei Stunden hatte der Kampf in den Vorstädten gedauert, ehe die Verbündeten in ihnen völlig Herren waren. Die Franzosen hatten sich mit rühmlicher Ausdauer geschlagen, mehrmals angesetzt, die Eingedrungenen wieder hin- aus zu werfen; die Gaffen und Gärten waren voll Blut und Leichen. Da trat ein Umstand ein, welcher dem weiteren Kampfe ein Ende machte. Es ging stark auf 1 Uhr, als durch die furchtsame Voreiligkeit eines französischen Feuerwerkers die Elsterbrücke in die Luft flog und damit 20000 Franzosen der einzige Rückzug abgeschnitten wurde. Was noch an alten Banden der Zucht gehalten hatte, riß nun; alles löste sich ans. Tausende warfen ihre Waffen weg und eilten der Elster zu, viele hundert aber fanden in dem angeschwollenen Wasser ihr Grab, unter ihnen der polnische Fürst Poniatowski, vor zwei Tagen erst von Napoleon zum Marschall ernannt. Noch während die Trommeln den Sturmmarsch wirbelten, während des Geknatters der Gewehre auf dem Fleischerplatze und des Wersens von Granaten durch die Franzosen hielten Alexander und Friedrich Wilhelm ihren Einzug. Der Jubel des Volkes überstieg alle Grenzen. Alle Fenster, selbst die Dächer waren mit Menschen besetzt; tausendstimmiges Hurra und Vivat wurde ihnen von allen Seiten zugerufen; aus allen Fenstern wurde ihnen mit Hüten und weißen Tüchern zugewinkt, sogar mit Blumen geworfen. Die Schlacht der Schlachten war zu Ende; sie hatte auf beiden Seiten 100 000 Mann gekostet. Erbeutet hatten die Verbündeten gegen
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