Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Für Oberklassen - S. 461

1893 - Altenburg : Bonde
461 geschmückt und ihm Zaubermittel gekauft, um es gegen den bösen Blick und andere Fährlichkeiten zu schützen. Aber sein Kamel zu prügeln^ dazu läßt sich der Araber nie herab. Nur durch das Wort lenkt er das Tier oder durch den Fuß, mit dem er ihm vom Sattel aus sauft auf den Nacken tritt. Es ist Mittag. Die Sonne steht lotrecht am stahlblauen Himmel und drückt mit unbeschreiblicher Schwere aus Mensch und Tier; um den Horizont aber lagert schwefelfarbiger Brodem. Die Beduinen haben sich dichter in ihren Burnus gehüllt und sitzen zusammengekauert auf ihren Tieren; die Treiber schleichen matt neben den Kamelen. Wohin das Auge blickt, streckt sich endlos der glühende Sand; nirgends Baum, noch Strauch, nirgends auch nur ein Schimmer dürftiger Halme. Die Kara- wane lechzt, denn die Wasserschlüuche sind leer, und die Kamele haben den letzten aufgesparten Trunk aus der schwammigen Kammer des Magens heraufgepreßt, um die Zunge zu feuchten. Es ist der fünfte Tag seit der letzten Tränke, die Durstzeit muß enden, wenn nicht Tier und mit ihm Mensch sterben soll. Plötzlich dämmert ein dunkler Streifen auf. Maschallah! rüst mit einem Munde die Karawane. Und höher hebt es sich am Horizonte, und weithin schimmert und blitzt es wie wogender Kristall. Ein Strom, ein Meer rollt seine Wellen, schlanke Stämme steigen empor und wiegen ihre Kronen, Mauern mit flatternden Fahnen, friedliche Hütten, sonnige Gärten, — alles, was das fiebernde Hirn mit brennenden Farben sich ausmalt, da liegt und ragt es in die Luft. Es ist die Spiegelung, die Fata Morgana. Wehe dem Reisenden, der dem lockenden Gefilde folgt, der seinen Durst aus diesem leuchtenden Becken löschen wollte. Immer weichend, würde es ihn immer weiter hineinziehen in das Reich des Todes. Immer unerträglicher wird der Durst, die Luft kocht, jeder Atemzug wirft einen Feuerbrand in die Pulse. Einzelne Kamele der Nachhut er- heben ein Angstgebrüll, sie taumeln und zittern, das Maß der Kräfte ist erschöpft. Ihres Schicksals bewußt, strecken sie sich stöhnend aus den Sand, indes ihre sanften Augen trauernd die weiter ziehende Karawane verfolgen und wie Hilfe suchend umher irren. Schon sind Geier und Schakale nahe, um die Beute zu zerfleischen. Die Sonne sinkt. Die langen Schatten der Ziehenden gleiten selt- sam über das bochgelbe Sandmeer; dumpfes Schweigen herrscht, als geleite der Zug sich selber zum Tode. Da mit einem Male wirft das Dromedar des Scheich den Hals hoch auf, es schnaubt mit den weit ge- öffneten Nüstern und stößt ein wieherndes Geschrei aus. Wassert Wasser! Aus stundenweiter Ferne saugt das Tier einen feuchten Lust- strom. Es bäumt sich, und mit wilder Hast stürzt es, seine letzte Kraft aufbietend, der Wasserstelle zu, ihm nach mit einem Freudengeschrei die ganze Karawane. Jedes Auge leuchtet, die todesmatten Glieder durchzuckt ein elektrisches Feuer. Bald ist das Thal der Oase erreicht. Dattel- palmen heben die Wipfel himmelan; unter ihnen prangen die Aprikosen- und Pfirsichbäume, die Granatbäume mit schönen roten Blumen und die mit Früchten beladenen Orangenbäume. Von einem Dattelbaume zum andern schlingen sich die Zweige des Weinstocks, und Mais, Weizen, Gerste und Tabak füllen alle Lücken des wunderbaren Gartens aus. Zwischen
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer