1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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Schaum und Regen und Nebel zerspritzt werden und weiß wie frisch gefallener
Schnee in die Luft steigen. Viele Kilometer weit erzittert die Erde von dem An-
prall der ungeheuern Woge auf dem Boden der Tiefe, und über die benachbarten
Wälder erheben sich Schaumwirbel, welche von ferne Rauchsäulen gleichen, als von
einem Brande vieler flammenden Städte. Die Wände dieses furchtbaren Katarakts
bestehen aus schwarzgrauen Felsenzacken, die unter dem weißen Wogenschleier wie
schauerliche Gespenster sich ausnehmen und mit jedem Augenblick ihre Gestalt zu
ändern scheinen. Ober- und unterhalb des Sturzes sind die Gestade mit wilden
Nußbäumen und Fichten, denen Alter und Sturm die Kronen ausgebrochen, über-
wachsen — und rechts und links weit in das Land hinein ist alles schauerlicher
Hochwald. Kein lebendiges Tier sieht man in der Nähe, Adler und Geier aus-
genommen, welche Beute suchend den Abgrund umschweben, in welchen die Wogen-
strudel mit unwiderstehlicher Gewalt alles ziehen, was sie erfassen. Zu allen Zeiten
des Jahres sind die Stromufer unter dem Falle mit toten Bären, Hirschen u. s. w.
bedeckt, welche oberhalb desselben den Fluß zu durchschwimmen versuchten, aber,
zu schwach, dem Wogendrang zu widerstehen, hinabgeschleudert wurden. Im Herbste
ist die Menge des herabgeführten Geflügels und Wildes so groß, daß es hinreicht,
die Garnison des Niagara-Forts, die es jeden Morgen sammeln läßt, mit frischem
Fleische zu versorgen. Selbst Adler finden, wenn sie im Fluge von dem Schaum-
wirbel ergriffen werden, in dem Schlunde oft ihren Tod.
Die Baumwollenpflanze gehört zu den Malven. Sie findet sich
bald als Kraut, bald als Strauch, zuweilen sogar, und zwar in Arabien
und Ägypten, als 2j/2 bis 4 m hoher Baum. Sie hat drei- bis fünf-
lappige, in ihrer Jugend oft schwarzgetüpfelte Blätter und ziemlich große,
sie aufspringen wollen, abgepflückt werden, und die aus den Kapseln
gewonnene Wolle wird entweder durch die Hand, oder gewöhnlicher durch
eine Maschine von den Samen und Hülsen gereinigt und hierauf in große
352. Die Baumwolle.
Regen die Wolle kurz bleibt. Die
Baumwollenpflanze.
gewöhnlich gelbe, bei einigen Gattungen
pupnrrote, sünfblättrige Blumen, welche
einzeln in den Blattwinkeln stehen und
am Grunde mit drei großen, herzför-
migen, gezähnten Hüllblättern umgeben
sind. Die Frucht ist drei- bis fünf-
sächerig, einem großen Mohnkopfe ähn-
lich, springt bei der Reife in mehrere
Klappen auf und enthält mehrere
Samenkörner, die in eine lange, dichte,
weiße, nach dem Aufplatzen elastisch
hervorquellende Wolle gehüllt sind. Die
Baumwolle wird in der Türkei, in
Griechenland, Süditalien, Spanien,
Ägypten, Indien und China, ganz be-
sonders aber im unteren Mississippi-
Thale gebaut. Hier ist der rechte
Boden für die Pflanze, die ein lockeres,
leichtes, mit Sand gemischtes, schon
angebautes Land verlangt; hier ist auch
das passende Klima, welches nicht zu
trocken sein darf, weil bei Mangel an
Kapseln müssen jeden Morgen, sobald