1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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Menschen, alt, nichtssagend, wie Maschinenteile aussehend, kaum hier
und da einzeln und einsam zu entdecken, und doch 1800 Menschen, deren
Seele und Gesundheit hier mit versponnen wird, indem sie Maschinen
beaufsichtigen, welche über 120 000 spinnende Hände nicht bloß ersetzen,
sondern an Feinheit und Meisterschaft der Arbeit unendlich übertreffen.
353. Die Tabakerzeugung der Havanna.
Das eigentliche Tabakfeld in der Nähe von Havanna, diö Vuelta
de Abajo, hält 7,42 km im Quadrat, und ist durch kleine Küstenflüsse
sehr wasserreich; ur-
sprünglich wurden
nur die Niederungen
an diesen mit Tabak
bebaut, seitdem der
Bedarf aber gestie-
gen, auch die anlie-
genden Strecken. Die
Pflanzungen, welche
im ganzen 60 bis
70 000 Menschen be-
schäftigen, pflegen sel-
ten mehr als hundert
Morgen zu halten,
und die Besitzer sind
mehrenteils kleine
Landwirte, die sämt-
lich ihre festen Kunden
in Havanna haben,
so daß es für den
einzelnen, sich neu
etablierenden Fabri-
kanten schwer oder
unmöglich ist, sich
echten Tabak zu ver-
schaffen.
Die ganze Pro-
duktion betrügt jähr- Tabak,
lich 400000 Ballen,
in einem Werte von sieben bis acht Millionen Dollars, wovon jedoch die größere
Hälfte in der Kolonie bleibt, da man auf den Kopf täglich fünf Zigarren
rechnet. Die ganze Ausfuhr beträgt 100000 Ballen und 2 Millionen
Zigarren; aber auch eingeschmuggelt wurde schon damals viel Tabak,
namentlich aus Kentucky. Das möchte einen leidenschaftlichen Raucher
nachdenklich machen, da er die traurige Gewißheit erlangen muß, daß es
nur wenig echten Tabak und sehr viel unechten in der Welt giebt, und
daß er selbst in Havanna mit Kentuckytabak abgespeist werden kann.
Bei der reißenden Zunahme des Zigarrenrauchens wird dieses Übel sich
steigern, zumal man selbst an Ort und Stelle einen großen Unterschied
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