1893 -
Altenburg
: Bonde
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
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bischof Leopold Anton, Freiherr v. firmiern, er wolle die Ketzer aus
dem Lande haben und sollten auch Dornen und Disteln auf den Äckern
wachsen. Zunächst wurde von den Geistlichen und Mönchen fleißig
nach Luthers Schriften gesucht und den Bewohnern ein Eid abgefordert,
daß sie gute katholische Christen seien. Als einige frei und mutig ihren
Glauben bekannten, wurden sie auf der Stelle in Ketten gelegt und in
das Gefängnis geworfen, lange Zeit mit Hunger und Durst geplagt,
ohne auch nur einmal verhört zu werden, und zuletzt ans dem Lande
gejagt. Sie wandten sich nach Regensbnrg, dem Sitze des Reichstags,
an die Behörde, welche mit der Leitung der evangelischen Angelegen-
heiten beauftragt war, leider ohne Erfolg. Jedoch wurde dieser Schritt
für den Erzbischof die Veranlassung, in seinem Lande eine Zählung der
Evangelischen vornehmen zu lassen. Da er allen Unterthanen Freiheit
des Glaubens zugesichert hatte, so meldeten sich gegen 21 000 als An-
hänger Luthers. Der Erzbischof erschrak und sandte Eilboten mit der
Bitte um bewaffnete Hilfe nach Wien. Die drohende Gefahr nötigte
die Evangelischen zu einem gemeinsamen Schritte. Im Morgengrauen
ves 5. August 1731, eines Sonntags, stiegen mehr als hundert Familien-
väter in die einsame Kluft des Dienterthales nach Schwarzach hinab.
Die entblößten Häupter neigten sich zum Gebete. Mitten im Kreise
stand ein Salzfaß. Jeder tauchte die benetzten Finger der rechten Hand
hinein und erhob sie dann zum Schwur, nicht zu lassen vom evangelischen
Glauben, einig und treu einander zu sein in Not und Tod. Dann
verschluckten sie das Salz und schlossen also den Salzbund. Darauf
hielten sie Rat, was zu thun sei, und wurden einig, Abgeordnete nach
Regensburg zu schicken, um die evangelischen Fürsten um Schutz und
Zuflucht für die zu bitten, welche gezwungen würden auszuwandern.
Auf die Nachricht von diesem Vorgänge schilderte Firmian dem
Kaiser in den schwärzesten Farben die Leute als Rebellen, so daß dieser
6000 Soldaten in das Land schickte, welche sämtlich bei den Evangelischen
einquartiert wurden. Diese übten zum Teil die roheste Gewalt gegen
die Ketzer aus. Man überfiel sie des Nachts, riß sie aus den Betten,
schleppte sie in das Gefängnis, schnitt ihnen die Flucht ab und. belegte
sie mit schweren Geldstrafen. Vergebens wiesen die Gesandten der
evangelischen Fürsten den Kaiser auf die Bestimmungen des Westfälischen
Friedens hin, nach denen die Bedrückungen, wie sie die Unglücklichen
erfuhren, gegen alles Recht waren. Da nahm sich der König von
Preußen, Friedrich Wilhelm I., seiner bedrängten Glaubensbrüder an.
Er erklärte, daß er gegen die Katholiken in seinem Lande ebenso ver-
fahren würde, wie der Erzbischof gegen die Evangelischen, sagte auch
den Abgeordneten der Salzburger weiteren Schutz und, wenn sie ver-
trieben würden, Aufnahme in seinem Reiche zu. Für den Erzbischof
wurde durch die Stellung der evangelischen Fürsten und durch die feste
Haltung seiner lutherischen Unterthanen die Gefahr von Tag zu Tag
größer. Da ließ er am 31. Oktober 1731 den Befehl ausgehen, daß
alle nicht angesessenen Einwohner evangelischen Bekenntnisses, Tage-
löhner, Arbeiter und Dienstboten, welche das zwölfte Jahr erreicht
hatten, binnen acht Tagen, die Gutsbesitzer aber binnen zwei bis drei