1908 -
Breslau
: Hirt
- Autor: ,
- Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Naturkunde. §§ 26—30.
hohle, bis 2 ui hohe Stengel hervor, die durch Knoten., in Glieder geteilt werden.
(Halme.) Am Ende des Halmes befindet sich eine Ähre. Dieselbe besteht aus
einer Spindel, an der zu..beiden Seiten die Ährchen sitzen. Jedes Ährchen
enthält 2—3 Blüten. Die Ähre enthalt zur Zeit der Reife 4 Reihen Körner.
Der Weizen wird als Winter- und Sommergetreide angebaut. Die gelblichen oder
weißlichen Weizenkörner geben ein weißeres Mehl (Weißbrot) als der Roggen. — Die Gerste
hat lang begrannte Ähren, mit 6, 4 oder 2 Reihen von Körnern (sechs-, vier- oder zwei-
zeilige Gerste). Sie wird bei uns als Sommergetreide angebaut und dient zur Bereitung
von Mehl, Graupen, Grütze, als Malz zum Bierbrauen und als Mastfutter für das
Vieh. — Der Hafer trägt Rispen. Die langen Körner sind mit Spelzen besetzt und
dienen hauptsächlich als Futter für Pferde. Enthülst und geschrotet liefern sie Hafergrütze.
In Heidegegenden wird an Stelle des Getreides der Buchweizen angebaut. Die drei-
kantige Frucht liefert die Heidegrütze.
§ 26. *Die Kartoffel gehört zu den nützlichsten Gewächsen; denn sie liefert
in ihren Knollen ein Hanptnahrungsmittel vieler Menschen. Die mit Augen
(Knospen) versehenen Knollen werden im Frühjahre in die Erde gelegt. Ans
jedem Ange kommt ein Keim, der sich nach oben zu einem Stengel entwickelt.
Die Blätter sind gefiedert, und zwar stehen die größeren Fiederchen an der Spitze.
Die unterirdischen Stengelteile treiben viele schnurförmige Ausläufer, an denen
sich junge Knollen bilden. Dieselben wachsen sehr schnell, so daß manche Kartoffel-
sorten bereits 6 Wochen nach der Aussaat (jeerntet werden können. Wer gute
Ernten haben will, muß die Kartoffeln fleißig hacken und behäufeln damit die
Stengel am Grunde recht hoch mit Erde bedeckt werden; denn dann treiben sie
viele Ausläufer. — In der trichterförmigen Krone der Kartoffelblüten stehen
5 Staubblätter und 1 Stempel. Die Früchte sind kugelförmige Beeren (Kartoffel-
äpsel). Sie enthalten viele kleine Samen. Die Knollen enthalten Stärkemehl.
Wie bereitet man Kartoffelstärke?
Die Kartoffel stammt aus Amerika. In Preußen wurden die ersten Kartoffeln
1738 angebaut; aber erst durch die strengen Verordnungen Friedrichs des Großen
wurde der Anbau der Kartoffeln allgemeiner. Die Kartoffel gedeiht fast auf
jedem Boden und liefert auf leichtem, gut gedüngtem Boden sehr reichen Ertrag.
In manchen Jahren werden die Ernten durch die Kartosfelkrankheit zum Teil
vernichtet. Die Ursache dieser Krankheit ist ein Pilz, dessen Entwicklung und
Verbreitung durch feuchtes Wetter begünstigt wird. Der Kartoffelkäfer richtet
in Amerika großen Schaden an.
§ 27. Der gemeine Lein, Flachs, wird schon seit den ältesten Zeiten als
Gespinstpflanze angebaut. Er hat einen aufrechten, 1 m hohen Stengel, mit
sitzenden, lanzettlichen Blättern und himmelblauen Blüten. In der.kapsel liegen
viele glatte, braunglänzende Samen. Dieselben enthalten ein fettes Öl (Leinöl),
das als Heilmittel, zum Brennen und zur Bereitung von Firnissen tzebraucht
wird. Die Leinkuchen (Rückstände beim Pressen) geben ein gutes Viehfntter.
Verarbeitung. Der reife Lein wird ausgerauft, in Bündel gebunden und einige
Tage stehen gelassen! Dann klopft man in der Scheune die Kapseln mit Flachsschlegeln
oder Dreschflegeln auf, um den Leinsamen zu gewinnen. Hierauf werden die Flachs-
stengel geröstet. Man unterscheidet Wasser- und Rasenröste. Erstere besteht darin, daß
man die Flachsstengel ins Wasser wirft, mit Steinen beschwert und einige Tage liegen
läßt. Bei der Rasenröste breitet man die Flachsstengel auf einer Wiese aus und läßt
sie wochenlang liegen. Durch das Rösten faulen die Holzteile des Stengels.
Die Flachsstengel werden danli in einem heißen Backofen gedörrt und kommen nun
unter die Flachsbreche. Die morschen Holzteilchen des Stengels werden hier zerbrochen und
fallen herab. Man erhält dadurch die zähen, langen Flachsfasern. Durch Hecheln werden
die an den Fasern noch hängenden Holzteilchen und groben Flachsfasern als Werg
entfernt. Die reinen Flachssasern werden entweder mit der Spindel oder mit Spinn-
maschinen zu feinem Garn gesponnen, aus dem die Leinwand gewebt wird.