1903 -
Breslau
: Hirt
- Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Friedrich Ii., der Große.
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tüchtigen Soldaten erziehen. Aber der Kronprinz wurde durch einen geistlosen
Religionsunterricht dem Christentum entfremdet, er machte Schulden und fand
an den Waffenübungen keinen Gefallen; dagegen liebte er französische Tracht
und Bücher und blies gern die Flöte. Darüber war der König betrübt und
klagte: „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet; er macht sich nichts aus den Soldaten
und wird mir meine ganze Arbeit verderben!"
2. Der Zwiespalt zwischen Vater und Sohn ward immer größer;
Scheltworte, ja Stockschläge mußte sich der Prinz in Gegenwart anderer ge-
fallen lassen. Da beschloß er, zu seinem Oheim, dem Könige von England,
zu fliehen. Als er 1730 mit seinem Vater auf einer Reise in die Nähe von
Heidelberg kam, sollte der Plan mit Keith und Katte, zwei Freunden des
Prinzen, ausgeführt werden; doch wurde er dem Könige verraten. Dieser be-
handelte seinen Sohn als Deserteur, ließ ihn nach Küstrin in Haft bringen
und Katte hinrichten. Keith war entstohen.
3. Endlich bat der Prinz reumütig um Verzeihung, und der Zorn des Vaters
milderte sich. Jener blieb vorerst in Küstrin, wurde bei der Regierung beschäftigt
und lernte so die Staatsverwaltung gründlich kennen. — Er heiratete später nach
seines Vaters Wunsche eine Nichte des Kaisers und lebte auf Schloß Rheinsberg,
wo er seinen Studien oblag, aber auch sein Regiment zu des Vaters Zufrieden-
heit exerzierte. Völlig ausgesöhnt mit seinem Sohne sprach der König kurz
vor seinem Tode: „Ich sterbe ruhig, da ich einen so würdigen Sohn habe."
B. Der erste Schlesische Krieg (1740—1742). *Bald nach Friedrichs
Thronbesteigung starb Kaiser Karl Vi. 1740. Seine Erbin war seine Tochter
Maria Theresia. Gegen sie erhoben sich bald viele Feinde, die ihr das
Erbe streitig machten. Auch Friedrich erhob Anspruch auf Schlesien (§ 16 E. 2).
Gutwillig gab Maria Theresia das Land nicht her, und so mußte Friedrich mit
ihr drei schwere Kriege führen. Er zog mit seinem Heere im Herbst 1740 in
Schlesien ein und besetzte es. Da rückte ein österreichisches Heer heran, und bei
Mollwitz, unweit Brieg, kam es im April 1741 zur Schlacht. Die Preußen
schossen so ruhig und schnell wie auf dem Exerzierplatz, und der Feind wurde
besiegt. Österreich trat Schlesien 1742 im Frieden an Preußen ab.
0. Der zweite Schlesische Krieg (1744 u. 45). Maria Theresia rüstete
sich, von Sachsen unterstützt, zum neuen Kriege gegen Friedrich. Die Österreicher
und Sachsen kamen nach Schlesien, doch schlug sie Friedrich im Juni 1745 bei
Hohenfriedeberg (bei Striegau). Nachdem General Zielen einen Sieg bei
Hennersdorf (Lauban) und der alte Dessauer einen Sieg bei Kesselsdorf
(Dresden) errungen hatte, kam es zum Frieden von Dresden. Schlesien
blieb bei Preußen.
D. Der Siebenjährige Krieg (1756—1763). *Um Schlesien wieder zu
erlangen, verband sich Maria Theresia mit Rußland, Frankreich, Schweden,
Sachsen und anderen deutschen Staaten zu einem Kriege gegen Friedrich, der
wieder zum Markgrafeu von Brandenburg erniedrigt werden sollte. Friedrich
erfuhr von diesem Plane und kam seinen Feinden zuvor, indem er 1756 in
Sachsen einfiel, das sächsische Heer bei Pirna einschloß und zur Übergabe nötigte
und ein österreichisches Heer bei Lobositz schlug.
1757 führte Friedrich seine Truppen bis vor Prag, wo es am 6. Mai zur
Schlacht kam. Sumpfige Wiesen hemmten die Preußen am Vordringen, und
das furchtbare feindliche Geschützfeuer brachte die preußischen Reihen ins Wanken.
Da ergriff der 73jährige General Schwerin eine Fahne und stürmte einem
Regiments voran mit dem Rufe: „Heran, meine Kinder!" Fünf Kugeln streckten
ihn nieder, aber sein Beispiel begeisterte die Preußen, die endlich siegten. Prag
wurde Belagert. Der schlaue Daun wollte Prag entsetzen. Friedrich zog ihm
entgegen, griff ihn bei Kollin an (18. Juni), erlitt aber eine völlige Niederlage.
In dieser Zeit waren die Franzosen und die Reichsarmee bis nach Thüringen