1886 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Rohn, R. A.
- Hrsg.: Paust, J. G., Steinweller, F., Nowack, Hugo, Sieber, Hermann
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Die Alpen.
prächtige Alpenrose. Wilde Gießbäche unterbrechen durch ihr lautes Getöse die
stille Einsamkeit. Hoch in den Lüften kreist der Adler. Die flüchtige Gemse
macht ihre gefährlichen Sprünge über Schluchten und Abgründe und wird
vom kühnen Alpenjäger unter beständiger Lebensgefahr verfolgt. — e. * Alpen-
wirtschaft. Uber der Baumgrenze liegen die höchsten Alpenwiesen mit ihren
würzigen Kräutern und ihrem feinen Grase. Auf diesen grünen Matten wei-
den die Sennen und Sennerinnen in den wenigen Sommermonaten Kühe,
Schafe und Ziegen. Schon im Mai werden die Ziegen und Schafe auf die
Alp getrieben; später kommen die Kiihe nach. Solche Auffahrt auf die Alp ist ein
allgemeines Fest. Die Wohnungen der Sennen sind Hütten, die aus rohem
Holz oder aus kunstlos übereinander gelegten Steinen erbaut sind. Das Dach ist
zum Schutz gegen die Stürme mit großen Steinen beschwert. Ganz nahe bei den
Hütten stehen die Stallungen, in denen die Herde zur Zeit des Unwetters sichere
Zuflucht findet. Des Morgens und des Abends bläst der Senn in sein Alpen-
horn oder jodelt den Kuhreigen und ruft dadurch die Kühe auf den Melkplatz.
Das Gras der unzugänglichsten Stellen wird von den Ziegen abgeweidet. Aus
der Milch macht man Käse (besonders in der Schweiz, in Tirol u. Salzburg) und
Butter (besonders in den Ostalpcn). Ende August und Anfang September werden
die Sennhütten wieder verlassen und die Herden ins Thal hinabgetrieben. Wo die
Alpen niedriger werden, hört die Alpenwirtschaft ganz auf. Die Bewohner der
Westalpen (Franzosen, Italiener) sind nachlässiger und träger und benutzen ihre
Alpen nicht so wie die Bewohner der Mittelalpen (Deutsche). — f. In den Alpen
findet man verschiedene Wege. Es giebt Fußpfade, die oft über Gletscher,
nicht selten ans schmalen Brücken über grausig tiefe Abgründe führen. Manche
Wege (Saumpfade) sind nur für den sichern Tritt der Maultiere und Lastpferde
gangbar gemacht. Über einige Berge sind schöne Chausseeen angelegt, auf welchen
Eil- und Postwagen fahren und auf denen Sommer und Winter ein reges Leben
herrscht. Sie fiihren über die Einsattelungen der Gebirgskämme und heißen
Pässe. Die bekanntesten Pässe führen über den Mont Cenis (Möngß'mü großen
St. Bernhard, Simplon, St. Gotthard, Splügen, Brenner. Der Brenner Paß
wurde wegen seiner geringen Höhe (1300 m) seit alten Zeiten als der bequemste
Übergang über die Alpen benutzt. In neuerer Zeit hat man unterirdische Gänge
(Tunnel) durch die Felsen gesprengt und Eisenbahnen angelegt, so durch den
Mont Cenis, St. Gotthard, Arlberg. Auch über den Brenner und Semmering,
wie auf den Rigi führen Eisenbahnen.
g. Alpenzüge und -Berge. Man teilt die Alpen gewöhnlich in die West-, Mittel-
und Ostalpen ein. Die Westalpen reichen vom Mittelmeere bis zum Montblanc
smöngblängs. Der Monte Ni so swisos (Po-Quelle) und Mont Cenis (Tunnel mit
Eisenbahn, Hauptstraße zwischen Frankreich und Italien), sind die bekanntesten Berge der
Westalpen. — Die Mittelalpen reichen voin^ Montblanc (4800m hoch) bis zur Drei-
herrnspitze. In ihnen liegen: der Große St. Bernhard (Paß, Bernhardinerhunde),
der Monte Rosa (4000 m), der Simplon (berühmte Straße über die Alpen, Prachtbau
Napoleons!.), St. Gotthard (über ihn führte seit alten Zeiten ein Handelsweg, durch
ihn seit 1882 eine Eisenbahn. Von ihm gehen mehrere Gebirgszüge aus, und 4 Flüsse
haben auf ihm ihre Quellen), Splügen (berühmter Paß nach dem Hiuterrheinthal),
Brenner (der Brenncrpaß verbindet das Innthal mit dem Eisackthal; Brcnnerbahn).
Diesem Zuge sind im N. verschiedene Alpenketten vorgelagert, so in der Schweiz: Die
Berner Alpen mit Finsteraarhorn (4300 in) und Jungfrau (4100 m); die Vier-
waldstätteralpen mit dem Titlis und dem Pilatus; die Glarner und Schwyzer
Alpen mit dem Tödi und Rigi (Rigibahn); in Tirol und Bayern: die Algäuer
und Bayerischen Alpen. — Im S. des Hauptzuges liegen die Tridentiner Alpen
(östl. der Etsch), die Ortler Alpen (westl. der Etsch) mit dem Ortlcr. An den Glet-