1908 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Paust, J. G., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Steinweller, F.
- Hrsg.: Nowack, Hugo
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
§ 3. Freiheitskämpfe der Deutschen gegen die Römer.
5
einem Heere zuerst gegen die Teutonen, gewöhnte seine Krieger in kleinen
Gefechten an das furchtbare Aussehen der Feinde, griff diese dann in der
Nähe der Rhonemündung an, schlug sie vollständig und nahm ihren Führer,
Teutobod, gefangen. — Inzwischen waren die Cimbern über die Alpen
herniedergestiegen. Marius stellte sich ihnen bei Vercellä entgegen. Von
dem Untergange ihrer Stammverwandten hatten sie keine Kunde. An
einem überaus heißen Tage kam es zur Schlacht; die wetterharten Deutschen
ermatteten vor Hitze und Durst gar bald im Kampfe und mußten weichen,
obgleich sie sich mit Ketten aneinander gebunden hatten. Die Fliehenden
aber wurden von den Weibern, die auf der Wagenburg saßen, wieder in
den Feind getrieben. Als die Weiber den Untergang ihrer Männer vor
Augen sahen, töteten sie zuerst ihre Kinder und dann sich selbst.
8 3. Dreiheitskämpfe der Deutschen gegen die Römer.
1. Die Römer hatten etwa ein halbes Jahrhundert nach der Ver-
nichtung der Cimbern ganz Frankreich (Gallien) unter ihrem Feldherrn
Julius Cäsar erobert. Auch das südliche Deutschland bis zur Donau
war ihnen zur Beute geworden. Drusus, ein Stiefsohn des Kaisers
Augustus, befestigte die Rheingrenze durch Erbauung vieler Burgen und
Festungen, aus denen später Städte hervorwuchsen, z. B. Basel, Straßburg,
Mainz, Köln u. a. Sodann unternahm er Züge in das unwirtliche Innere.
Achf seinem letzten Zuge kam er bis zur Elbe. Hier aber trat ihm ein Weib
von ungewöhnlicher Größe entgegen, das ihm drohend zurief: „Wohin'?
Unersättlicher Drusus! Es ist dir nicht vergönnt, alle diese Länder zu
schauen. Kehre um, du stehst am Ende deines Lebens!" Erschreckt durch
diese Erscheinung, wohl auch den rauhen Winter scheuend, kehrte er um,
brach unterwegs den Schenkel und starb. (Simrock: Drusus' Tod.) Andere
Statthalter kamen an den Rhein.
2. Immer größer wurde der Einfluß der Römer. Römische Kauf-
leute durchzogen Deutschland und tauschten gegen Kleiderstoffe, Schmuck-
sachen und Wein, Vieh, Pelzwerk und Bernstein ein. Germanische Jüng-
linge wurden gern ins römische Heer aufgenommen. Hier lernten sie
römische Kriegskunst kennen, erwarben reichen Ruhm und kehrten mit Beute
beladen zurück. Es fehlte leider auch nicht an solchen, die die einfachen
Sitten ihrer Heimat verachten lernten. Aber die Mehrzahl blieb der
deutschen Art treu und sah voll Schmerz, wie ihr urkräftiges Volk von
den verweichlichten Römern geknechtet wurde. Dies geschah besonders durch
den Statthalter Varus. Mit der größten Rücksichtslosigkeit legte er den
Deutschen neue und schwere Steuern auf. Er hob die alten Schiedsgerichte
auf und setzte römische Richter ein. So mußten sich die Deutschen richten
lassen nach Gesetzen, die sie nicht kannten, und noch dazu in einer fremden
Sprache, mußten sich von Richtern verurteilen lassen, die sie verachteten
und haßten, als ungerecht und bestechlich. So sahen sie ihre Freiheit, ihr
höchstes Gut, vernichtet; Ingrimm erfüllte ihre Brust.
3. Besonders erbittert über die Bedrückung seines Volkes war Armin