1908 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Paust, J. G., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Steinweller, F.
- Hrsg.: Nowack, Hugo
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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§ 30. Friedrich Ii., der Große.
2. In dem Siebenjährigen Kriege hatte Preußen furchtbar gelitten.
Aberder große König sorgte nach dem Frieden für schnelle Heilung der
Schäden durch die allergrößte Sparsamkeit und durch vortreffliche Ver-
orduungen, von deren Ausführung er sich auf seinen alljährlichen Reisen
durch den Staat selbst überzeugte. Bald nach dem Friedensschluß öffnete
er seine Kornmagazine und gab den Landleuten Saatgetreide, auch ver-
schenkte er die nach der Abrüstung übrig gewordenen Pferde. Verarmten
Landstrichen erließ er auf einige Zeit die Steuern.
3. Sorge für die Landwirtschaft und den Bauernstand. Wie
sein Vater rief er viele Ansiedler in verödete Gegenden und verfuhr dabei
in planmäßiger Weise. Aus Hessen und Württemberg, wo der Ge-
treidebau in Blüte stand, rief er Ackerbauer, aus Holland Viehzüchter
und aus der Pfalz Leute, die den Obstbau verstanden. Er siedelte sie
da an, wo sie ihrer eigenartigen Beschäftigung nachgehen konnten. Die
sumpfigen Gegenden an der Oder, der Warthe und der Netze legte
er trocken. Etwa dreihundert neue blühende Dörfer gründete er in
jenen früher verödeten Gegenden und konnte voll Freude ausrufen: „Da
habe ich mitten im Frieden eine ganze Provinz gewonnen." Nach seinem
Ausspruche sollte keine Handbreit Boden im Lande unbenutzt bleiben. —
Er empfahl den Anbau neuer Futterkräuter, so den des Klees und der
Lupine, vor allem führte er den Anbau der Kartoffel ein, da wo man
sich sträubte, mit Gewalt. Auch der Viehzucht wandte er seine Aufmerksam-
keit zu. Er führte das spanische Edelschaf ein und kaufte viele tausend
Stück Rindvieh, die er an arme, aber fleißige Landwirte verschenkte. Auch
empfahl er die Fisch- und Bienenzucht. — Seine Domänen machte er zu
Musterwirtschaften. Durch sie wurde ein besseres Wirtschaftsverfahren
im ganzen Lande bekannt, z. B. der Fruchtwechsel und die Stallfütterung.
— Eifrige Förderung erfuhr die Forstwirtschaft durch den König. —
Auch er schützte die Bauern vor schlechter Behandlung durch Gutsherren
und Beamte und gründete viele Landschulen.
4. Den Adel, der im Siebenjährigen Kriege außerordentliche Opfer
an Gut und Blut gebracht hatte, und der darum sehr verschuldet war,
unterstützte er, indem er die Landschaftsverbände gründete, die dem hilfs-
bedürftigen Rittergutsbesitzer für geringe Zinsen Kapitale liehen. Die
Offizier- und höheren Beamtenstellen gab er gern an Adelige.
5. Dem Bürgerstande half er auf durch Einführung neuer Er-
werbszweige, wie der Porzellanfabrikation, der Spitzenklöppelei u. a., und
durch Hebung der Leinen-, Seiden-, Sammet- und Baumwvllenindustrie.
Tüchtige und tatkräftige Bürger unterstützte er bei der Anlage neuer Werk-
stätten'und Fabriken mit Geld. Der König legte auch selbst Fabriken an,
die er später an die Leiter derselben, die sich bewährt hatten, verschenkte.
Auch zog er Einwanderer in die Städte, die Gewerbszweige trieben, die in
seinem Lande noch fehlten. Das Hüttenwesen nahm namentlich in Schlesien
durch den Grafen von Reden einen hohen Aufschwung. Zur Belebung
des Handels gründete er die Königliche Bank, die für billige Zinsen dem