1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: ,
- Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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§ 31. Friedrich Wilhelm Ii. und die Französische Revolution.
Verhältnisse, in der Abschaffung des Christentums u. s. w. das Heil des
Volkes erblickten.
Darum fanden die Rufe nach Freiheit und Gleichheit, die aus Nord-
amerika herübertönten, in Frankreich offene Ohren. Dort hatten sich in
langem Kampfe die englischen Kolonieen von ihrem Mutterlande losgerissen
und zu der Republik der „Vereinigten Staaten" zusammengeschlossen. Die
Unzufriedenheit wuchs im französischen Volke in erschreckender Weise. 1774
starb Ludwig Xv., und Ludwig Xvi. bestieg den Thron. Das war ein
einfacher, edler Mann, der mit seiner Gemahlin, einer Tochter Maria The-
resias, die aber den Franzosen als Ausländerin verhaßt war, des Landes
Bestes wollte. Aber das Verderben konnte er nicht aushalten; er mußte
die Sünden seiner Väter büßen.
3. Ausbruch der Revolution. Ludwig Xvi. berief 1789 die National-
versammlung; die sollte raten helfen, wie die Geldnot beseitigt werden könne.
Da aber die Vertreter des Adels und der Geistlichkeit ihre Vorrechte nicht
ausgeben wollten, so erklärten die bürgerlichen Abgeordneten, daß sie allein
die wahren Vertreter des Volkes seien. Durch die Erstürmung der Bastille
(eines großen Gefängnisses in Paris) (14. Juli) und durch seine von einem
wüsten Pöbelhaufen erzwungene Übersiedelung von Versailles nach Paris
sah sich der König genötigt, alle Wünsche der Nationalversammlung zu
erfüllen. Der Staat erhielt eine neue Einteilung, die Macht des Königs
wurde ungemeiu beschränkt, der Adel und die Geistlichkeit verloren alle
Vorrechte, die Kirchengüter wurden eingezogen und die Mönchsorden auf-
gehoben. Alles dies erkannte der friedliebende König an; aber noch war
man in Paris nicht zufrieden, darum floh der um seine Sicherheit besorgte
König im Juli 1791 aus Paris. Aber er wurde erkannt, zwangsweise
nach der Hauptstadt zurückgeführt und hier wie ein Gefangener gehalten.
Schließlich erklärte man ihn für abgesetzt. Er wurde als Landesverräter
zum Tode verurteilt und unter dem Jubelgehenl des entmenschten Pöbels am
21. Januar 1793 hingerichtet. Seine unglückliche Gemahlin ereilte das-
selbe Geschick. — Eine wahre Schreckensherrschaft begann nun in Frank-
reich. Auf den bloßen Verdacht hin, Feinde der neuen Regierung zu sein,
wurden Tausende eingekerkert und ohne Recht und Urteil dem Fallbeil
(Guillotine) überliefert. Dazu herrschte eine schreckliche Hungersnot. Nie-
mand mochte mehr arbeiten; kein Mensch traute mehr dem andern; darum
stockten Handel und Gewerbe. Alle Kreise litten Not, die jeweiligen Macht-
haber und deren Freunde ausgenommen. Diese Freiheitsapostel schwelgten
und bereicherten sich und zeigten sich als die schlimmsten Tyrannen.
Robespierre, Danton und andere Schreckensmänner herrschten unumschränkt.
Das Christentum und die christliche Zeitrechnung wurden abgeschafft, dafür
wurde die Tugend und die menschliche Vernunft an heiliger Stätte ver-
ehrt; der liebe Gott galt als abgesetzt. Nachdem Robespierre seine Ge-
nossen dem Henker überliefert hatte, endete auch er, des Verrates an der
Republik angeklagt, unter der Guillotine. Und nun traten gemäßigtere
Männer an die Spitze der Regierung.