1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: ,
- Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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§ 35. Friedrich Wilhelm Iv.
druck, ohne Ansehen der Person. Ich aber und mein Haus, wir wollen
dem Herrn dienen!" Und in diesem Geiste waltete er mit seiner Gemahlin
Elisabeth, einer bayrischen Prinzessin. Sie unterstützten eifrig christliche
Vereine, die damals entstanden zur Pflege religiösen Sinnes und christlicher
Nächstenliebe, so den Gustav Adolf Verein, der die Evangelischen in
der Zerstreuung unterstützt, und die Vereine für die innere Mission.
Diese gründen und unterhalten Waisen-, Rettungs- und Krankenhäuser,
Kinderbewahr-Anstalten, Herbergen zur Heimat, Sonntagsschulen und Jüng-
lingsvereine. Vor allem sind die Diakonissen-Anstalten zu nennen, deren
erste Pastor Fliedner zu Kaiserswerth am Rhein gründete. Friedrich
Wilhelm Iv. stiftete 1847 die große Diakonissen-Anstalt Bethanien in
Berlin.
3. Der König pflegte aber auch Künste und Wissenschaften. Drei-
hundert neue Kirchen hat er erbaut und sehr viele wiederherstellen lassen.
Er begann den Ausbau des Kölner Domes und des Hochmeisterschlosses
zu Marienbnrg. Die Stammburg seines Hauses im von ihm erworbenen
Hohenzollernlande ließ er erneuern. In Berlin errichtete er viele
herrliche Bauwerke und Denkmäler, vor allem das Denkmal Friedrich des
Großen. — Die bedeutendsten deutschen Gelehrten, Maler, Bildhauer
und Musiker rief er in sein Land Der große Gelehrte und Forscher
Alexander von Humboldt war sein Freund. — Er legte den Grund
zur preußischen Flotte und erwarb von Oldenburg den Jahdebusen
zur Anlegung eines Kriegshafens. — Die Zahl der Eisenbahnen wuchs
alljährlich; die elektrische Telegraphie wurde eingeführt. Großartige
Fabriken entstanden während seiner Regierungszeit, so die Maschinen-
fabrik von Borsig in Berlin und die Gußstahlfabrik von Krupp in Essen.
Auch für die Landwirtschaft sorgte der König unausgesetzt; mehr als
200 Quadratmeilen bis dahin öden Landes wurden urbar gemacht.
4. Gewaltige Unruhen erschütterten 1848 ganz Europa. Sie gingen
wieder von Paris aus, wo man abermals eine Republik aufgerichtet hatte.
Auch in Deutschland und besonders in Preußen gab es viele Unzufriedene;
sie verlangten, auch an der Gesetzgebung teilnehmen zu dürfen. Da der
König sich ihren Forderungen nicht sofort fügen konnte, so brach auch in
Berlin ein Aufstand aus, der aber nach heftigem Straßenkampfe von dem
Militär niedergeworfen wurde. Trotzdem der König gesiegt hatte, sandte
er doch in friedfertiger Weise seine Soldaten aus der Hauptstadt hinaus,
um dem Blutvergießen Einhalt zu tun. Am 31. Januar 1850 gab er
seinem Volke eine Verfassung. Nach derselben werden die Gesetze vom
Könige, dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause gemeinschaftlich
festgestellt. Und nun kehrte das Vertrauen zwischen Fürsten und Volk
wieder zurück.
5. Zurückweisung der Kaiserkrone. In jener Zeit wünschten viele
edle Deutsche, daß Deutschland aus seiner Zerrissenheit zu größerer Einig-
keit geführt werde. Abgeordnete aller Stämme hatten sich zu Frankfurt
a. M. versammelt, und diese ließen dem König Friedrich Wilhelm Iv..