1900 -
Gießen
: Roth
- Hrsg.: Müller, P., Völker, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Kakaobaum. Theestrauch.
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Körner von Roggen und Gerste, noch weniger aber der aus Rüben- und Cichorienwurzeln bereitete „Deutschn
Kaffee" können als Ersatzmittel gelten, weil ihnen das Kaffein und das dem Kaffee eigentümliche flüchtige
Öl fehlt. Das beste Ersatzmittel ist noch der „Eichelkaffee", weshalb er auch vielfach von den Ärzten
empfohlen wird.
Geschichte. Der Gebrauch, Kaffee zu trinken, ist noch nicht sehr alt. Das erste europäische Kaffee-
haus entstand 1554 in Konstantinopel. Bon hier hat sich der Kaffee langsam über Europa verbreitet, da
geistliche und weltliche Behörden die Kaffeetrinker verfolgten. In dem schwäbischen Dorfe Genkingen trank
man sogar erst 1817 zum erstenmal Kaffee. Jetzt bildet der Kaffee einen wichtigen Gegenstand des Welt-
handels. Der Haupthandelsplatz für Kaffee in Deutschland ist Hamburg.
57. Der Kakaobaum.
Der Kakaobaum, einer den Linden verwandten Familie angehörend, ist ein mittel-
hoher in Mexiko heimischer Baum. Seine kleinen rosenroten Blüten brechen aus der
Rinde des Stammes und der Zweige hervor. Sie sind so zahlreich, daß sie den Baum
förmlich mit einem rosigen Schimmer bedecken. Sogar die Wurzeln, wo sie von Erde
entblößt sind, treiben Blüten. Der Kakaobaum grünt und blüht das ganze Jahr, aber
die wenigsten Blüten setzen Früchte an. Bon etwa dreitausend Blüten kommt kaum
eine einzige zur Entwicklung. Die gurkenähnlichen Früchte sind fünffächerig. In den
Fächern liegen die mandelförmigen Samen reihenweise in weiches Mark gebettet. Die
Samen, Kakaobohnen genannt, haben eine harte Schale und einen fetthaltigen Kern.
Selten liefert ein Baum mehr als anderthalb kg trockene Bohnen.
Verwertung. Die Kerne werden gemahlen und unter dem Namen Kakao in
den Handel gebracht. Durch Zusatz von Zucker und verschiedenen Gewürzen erhält man
die Schokolade. Der von seinem Fettgehalt befreite „entölte" Kakao ist leichter ver-
daulich. Die Kakaobutter macht fast die Hälfte vom Gewicht der geschälten Bohne
aus und ist ein wichtiger Nährbestandteil der Schokolade. Da die Bohnen außerdeni
noch Stärkemehl und Eiweiß enthalten, so zählen sie zu den gehaltvollsten Nahrungs-
mitteln. Leider wird die Schokolade durch Zusatz von Mehl vielfach gefälscht.
58. Der Theestrauch.
Anbau. Der Theestrauch ist ursprüng-
lich wahrscheinlich in Ostindien zu Hause,
denn dort hat man ganze Wälder wild-
wachsender Sträucher entdeckt. Am meisten
wird er aber in China und Japan ange-
baut; doch Pflanzt man ihn gegemvürtig
auch in vielen anderen Ländern.
Der Theestrauch ist ein Verwandter
der Kamelie, welche aus Japan stammt
und in zahlreichen Spielarten bei uns von
den Gärtnern gezüchtet wird. Sich selbst
überlassen, erreicht er eine ansehnliche Höhe.
In den Pflanzungen wird er gewöhnlich
aus 1 ui zurückgeschnitten. Dies geschieht
um deswillen, weil dann der Strauch mehr
Zweige und Blätter treibt und letztere be-
quemer eingesammelt werden können. In
lockerem Boden an sonnigen Hügelabhängen
gedeiht er am besten. Dort pflanzt mau
ihn gewöhnlich in Reihen von 1 ui Abstand.
Nähert man sich der Pflanzung, so machen
die zierlichen Sträucher mit ihren leder-
artigen, dunkelgrünen Blättern und weiß-
rötlichen Blumen ganz den Eindruck von
blühenden Kamelien, wie wir sie in den
Treibhäusern sehen.
Blüte und Frucht. Die Blütezeit des
Theestrauchs währt vom September bis
zum Februar. Die Blumen stehen meist
Zweig vom Theestrauch.