1900 -
Gießen
: Roth
- Hrsg.: Müller, P., Völker, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Von der Elektricität.
gefähre Entfernung des Gewitters bestimnien. So oft eine Sekunde zwischen beiden
Erscheinungen verfließt, soviel mal 333 in ist die Entstehungsstelle des Blitzes ent-
fernt. — Das Wetterleuchten entsteht entweder durch die Blitze eines weit entfernten
Gewitters oder durch sogenannte Flüchenblitze. denen kein Donner folgt. Die
Elektricität strömt dabei als Büschellicht von Wolke zu Wolke.
Die beste Vorsichtsmaßregel bei Gewittern besteht darin, daß man sich von hohen
und gutleitenden Gegenständen fernhält. Empfehlenswert ist das Offnen eines Fensters
im Zimmer unter Vermeidung von Zuglust. Warum darf nian bei einem Gewitter
im Freien nicht laufen?
Der Blitzableiter, 1753 durch B. Franklin erfunden, besteht aus einer Auffang-
stange mit Platinspitze und der Ableitestange. Beide sind von verzinktem Schmiede-
eisen. Die Ableitestange wird bis zum Grundwasser in die Erde geführt und dort
an große Metallplatten befestigt. Der Blitzableiter hat eine doppelte Aufgabe. Da
aus seiner Spitze fortwährend die ungleichnamige Elektricität gegen die Wolken aus-
strömt, so bewirkt er eine gefahrlose Ausgleichung beider Elektricitäten. Dem etwa
doch einschlagenden Blitz zeichnet er den Weg in die Erde vor. Ein richtig hergestellter
Blitzableiter schützt einen Kreis, dessen Durchmesser dreimal so groß als die Länge der
Auffangstange ist. Größere Gebäude fordern darum mehrere leitend verbundene Auf-
fangstangen. —
B. Galvanische Elektricität.
73. Entstehung der galvanischen Elektricität. Die galvanische Nette.
Ihren Namen erhielt diese Art der Elektricität nach dem Italiener Galvani,
welcher (1786) den ersten Anstoß zu ihrer Entdeckung gab. Er hatte nämlich wahr-
genommen, daß die Schenkel eines eben getöteten Frosches, den er mittels Kupserdraht
an ein Eisengitter gehängt hatte, jedesmal in Zuckungen gerieten, wenn der feuchte
Schenkel das Eisen berührte. Galvani suchte diese Erscheinung als Wirkung einer be-
sonderen tierischen Elektricität zu erklären. Er stellte die Lehre auf, alle lebendigen
Geschöpfe seien gleich einer Verstärkungsflasche mit Elektricität geladen. Diese Elektri-
cität sei die Ursache aller Lebenserscheinungen. — Dieser Lehre trat ein anderer
Italiener Namens Volta entgegen. Er legte auf eine mit gläsernem Handgriff ver-
sehene polierte Kupferplatte eine Zinkplatte und zeigte, daß das Kupfer negativ, das
Zink positiv elektrisch wurde. Auf Grund dieses Versuches stellte er das Gesetz auf:
Durch die gegenseitige Berührung verschiedenartiger Körper, besonders
zweier Metalle, wird Elektricität erregt. Volta nannte dieselbe Berührungs-
elektricität, welcher Name noch heute häufig gebraucht wird.
Die galvanische Kette. Wir füllen ein Trinkglas
zu Dreiviertel mit Wasser und gießen dann Schwefel-
säure zu. In diese Flüssigkeit tauchen wir eine Kupfer-
platte und eine Zinkplatte derart ein, daß beide sich nicht
berühren. Befestigt man an jeder Platte einen mit
Seide umwickelten Kupferdraht und nähert die Enden
der Drähte einander, so zeigt sich zwischen denselben
ein kleiner Funke. Drückt man das eine Ende aus
eine grobe Feile und fährt mit dem andern über die-
selbe hin, so nimmt man viele Funken wahr. Diese
Funken zeigen das Vorhandensein von Elektricität an.
Diese Elektricität scheint durch bloße Berührung
des Kupfers und Zinks mit der Flüssigkeit enfftanden
zu sein. In Wirklichkeit aber ist es ein chemischer Vor-
gang. welcher Elektricität erregt. Wie bei jeder Ver-
94- brennung Wärme entsteht, so entwickelt sich bei
jedem chemischen Vorgang Elektricität. Bei unserem Versuch ist vorzugs-
weise das Zink als Elektricitätserreger wirksam. Es setzt sich nämlich an die Stelle