1900 -
Gießen
: Roth
- Hrsg.: Müller, P., Völker, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Die Erdteile.
Süden sind Tiefland, der Westen und Norden Hochland. Die höchste Erhebung, die
Grampians (grämpiäns), befinden sich in dem schluchten- und seenreichen Hochschott-
land. Hier der Ben Nevis (den niwis) 1350 in. An der Grenze zwischen Eng-
land und Schottland das Cheviotgebirg (tschiviot) und auf der Halbinsel Wales
(uähls) das kambrische Gebirg.
Die Küste ist reich gegliedert. Namentlich in Schottland tritt das Meer in
tiefen Einschnitten, Firths genannt, in das Land. Dadurch erlangen selbst kleinere
Flüsse für Handel und Verkehr große Bedeutung. Wir nennen Themse und Hu mb er
(ömbr) im Osten und den Severn (säwrn) im Westen von England. ^Zahllose
Kanüle durchschneiden das Land nach allen Richtungen.
Das Klima ist mild, namentlich der Winter weniger kalt als in Deutschland,
so daß Myrte, Lorbeer und andere immergrüne Sträucher im Freien aushalten und
die Wiesen auch im Winter grün bleiben. Der Sommer dagegen ist weniger heiß
als in Deutschland, deshalb gedeiht weder Wein noch Obst. Der Nebel ist oft so
dicht, daß man am Tage Licht anzünden muß. In Schottland ist das Klima rauh.
In den Ebenen wird sorgfältig Ackerbau betrieben; doch ist der Bauer in der Regel
nicht Eigentümer des Bodens, sondern Pächter. Die Viehzucht ist bedeutend. Das
englische Rindvieh und die englischen Schweinerassen sind berühmt. Ausgedehnte
Waldungeil fehlen fast gänzlich. Die Berge Englands sind außerordentlich reich an
Steinkohlen, Eisen, Zinn und Kupfer; darum blüht der Bergbau, und die Fabrik-
thätigkeit ist entwickelt wie fast nirgends in Europa. Die Rohstoffe führt eine zahl-
reiche Handelsflotte aus allen Teilen der Erde dem Mutterlande zu.
Irland ist eine von Randgebirgen umgebene seenreiche Ebene, in der frucht-
bare Strecken mit Mooren und Sümpfen abwechseln. Das Klima ist noch feuchter
und dem Graswuchs günstiger als in England, weshalb Irland auch die „grüne
Insel" genannt wird. Die Einwohner sind größtenteils Pächter der in England
lebenden reichen „Lords" und leben in drückender Armut. Nur in den größeren
Städten und deren Umgebung herrscht Wohlstand.
Städte in England: London an der ^Themse mit 4,4 Mill. Ew., die erste
Handelsstadt der Welti Die Wohnhäuser der Stadt sind nicht sehr groß, da der Eng-
länder es liebt, sein Haus allein zu bewohnen. Das Hänsermeer wird durch schattige
Parks und mit Bäumen bewachsene freie Plätze unterbrochen. Eisenbahnen führen über
den Häusern und unter den Straßen hin. Nahe bei London liegt Greenwich (grinitsch) mit
einer berühmten Sternwarte. Portsmouth (portsmuß) ein Kriegshafen; Southampton
(sauthämptn) Seehafen; Bristol (bristel), 225000 Ew., bedeutende Handelsstadt; Liver-
pool (liwwerpul) an der irischen See mit 0,6 Mill. Ew. ist nach London die zweite
Handelsstadt Europas; Manchester (mäntschest'r), 1/2 Mill. Ew., die bedeutendste Fabrik-
stadt für Baumwollwaren; Birmingham (börminghäm),*/? Mill. Ew., die bedeutendste
Fabrikstadt für Eisen- und Stahlwaren; in Leeds (lieds) bedeutende Tuchfabriken; bei
Newcastle (njukästl) im Norden von England die bedeutendsten Steinkohlengruben der
Welt; in Oxford und Cambridge (kämbridsch) bedeutende Hochschulen. In Schott-
land: Edinburgh, 300000 Ew.; Glasgow, 715 000 Ew., Dun dee (döndie), 160 000 Ew.,
Handels- und Fabrikstädte. In Irland: Dublin (döblin), 360900 Ew., Belfast,
270 000 Ew., Handel mit Leinwand; Cork mit großen Schlächtereien führt gesalzenes
Fleisch, Häute und Talg nach England aus.
Inseln und Inselgruppen: Im W. von Schottland die Hebriden. Von diesen
ist das kleine Jnselchen Stasfa berühmt wegen der Fingalshöhle, deren Wände von
regelmäßigen Basaltsäulen gebildet werden. Im N. die Orkney- (orkne) und Shet-
land s ins e ln. Diese Inseln sind gebirgig und die wenigen Bewohner leben von
Fischfang und Viehzucht. Die Insel Wight (ueiht) vor den Häfen von Portsmouth
und Southampton. Auf den kleinen Scillyinseln westlich von Kap Landsend sind
Zinngruben, die schon den Phöniziern bekannt waren; die Normannischen Inseln
liegen nahe der französischen Küste.
Die Engländer sind germanischen Ursprungs, Nachkommen der Angeln und Sachsen,
welche sich zur Zeit der Völkerwanderung das Land unterwarfen. Der Engländer ist
unternehmend, thätig und ausdauernd. In allen Weltteilen hat er Kolonieen und
Handelsniederlassungen gegründet, und die englische Flagge weht auf allen Meeren. Der
Engländer besitzt viel häuslichen Sinn und Religiosität. Letztere zeigt er durch die