1900 -
Gießen
: Roth
- Hrsg.: Müller, P., Völker, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Bilder aus der deutschen Geschichte.
nahm ihnen dasselbe wieder ab und gründete die Mark Schleswig. So waren auch
im Norden die von Karl dem Großen dem Reiche gesteckten Grenzen tviederhergestellt.
Heinrichs Tod. Nachdem Heinrich so im Innern Ordnung geschafft und nach
außen das Ansehen des Reiches wiederhergestellt hatte, berief er die Großen des Reichs
nach Erfurt und empfahl ihnen feinen Sohn Otto zum Nachfolger. Kurze Zeit
darauf starb er in Memleben und wurde in dem von ihm gegründeten Kloster zu
Quedlinburg beigesetzt.
11. Mo der Kroße (936—973).
Krönung. Otto war ein würdiger Nachfolger seines Vaters, wenn er auch
andere Wege ging als dieser. Seine Krönung zum deutschen König erfolgte in Aachen
durch den Erzbischof von Mainz. Hierbei verrichteten zum
erstenmal die vornehmsten Fürsten die Arbeiten der ihnen
übertragenen Ämter. Die Krönungsfeier leitete der Herzog
von Lothringen als Reichs kämm ere r. Der Herzog von
Frauken sorgte als Truchseß für die Tafel; der Herzog
von Schwaben versah das Scheukenamt, und der Herzog
von Bayern traf als Marsch all Vorsorge für die Ritter
und deren Pferde.
Ottos Eigenart. König Heinrich hatte sich mit der
Ehre begnügt, der erste unter den deutschen Fürsten zu
sein. Gewitzigt durch die schlimmen Erfahrungen seines
Vorgängers, hatte er den Herzögen in der Verwaltung
ihrer Stammlaude fast volle Selbständigkeit gewährt und
es geschehen lassen, daß diese ihre Würden auf ihre Nach-
folger vererbten. Anders Otto! Sein Vorbild war Karl
der Große. Wie dieser erkannte er seine Aufgabe darin.
v1 i die deutschen Stämme zu einem einheitlichen Reiche
(i l zu vereinigen, in welchem er unbeschränkt die höchste
Richter- und Herrschergewalt ausübte. Er betrachtete des-
halb die Herzogswürde als ein Reichsamt, das von
ihm nach freier Entschließung vergeben werden könne.
Otto der Große. Sdie Reichseinkünste, die unter der schwächlichen
Regierung der Karolinger zum großen Teil verschleudert worden waren, suchte er
wieder zu sammeln und zu bewahren. Zu diesen gehörten die Erträge der Kammer-
güter, Reichsforsteu und Bergwerke, die Zölle und Gerichtsbußen, sowie der Ertrag
des Müuzrechts.
Innere Kämpfe. Das Bestreben Ottos zur Erhöhung der königlichen Macht
weckte allenthalben Unzufriedenheit. Namentlich betrachtete Eberhard von Frauken
die wachsende Macht der Sachsen mit Eifersucht. Er war Otto gram, weil dieser
ihn wegen Bruchs des Landfriedens mit einer Strafe belegt hatte. Er verband sich
deshalb mit Thankmar, einem Stiefbruder Ottos, und beide erhoben die Fahne der
Empörung. Thankmar wurde erschlagen, und Eberhard mußte Ottos Gnade an-
rufen. — Heinrich, ein jüngerer Bruder Ottos, hielt sich für würdiger, die Königs-
krone zu tragen, weil er geborm wurde, als sein Vater bereits König war. Voni
Ehrgeiz verblendet, verband er sich mit den Herzögen von Franken und Lothringen,
um seinen Bruder vom Throne zu stoßen. Zweimal brachten die Empörer den
König in große Not. da wurden sie bei Andernach von königstreuen Rittern plötzlich
überfallen. Eberhard und Giselbert, Herzog von Lothringen, wurden getötet, Heinrich
aber mußte sich unterwerfen. Otto ließ seinem Bruder Gnade angedeihen, erntete
aber schlechten Dank von dem verblendeten Jüngling, denn noch zweimal empörte
er sich. Trotzdem verzieh ihm der König großmütig zum zweiten und dritten Male.
Endlich erfaßte Reue das Herz des hochstrebenden Jünglings, er versöhnte sich mit
seinem Bruder unil erkannte dessen Vorrang rückhaltlos au.