1873 -
Leipzig
: Wartig
- Hrsg.: Klauwell, Adolf, Jeep, Wilhelm
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
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nach des Vaters Meinung, wohl dem Höhlenbären angehö-
ren mögen.
Zuweilen nimmt man Musiker mit in die Höhle, und
lässt ein Concert darin aufführen; ja vor zwei Tagen hatte
sogar eine Gesellschaft darin getanzt. Das vermöchte ich
nicht! In mir wollte das Gefühl der Bewunderung keinem
andern Platz machen, am wenigsten einem solchen, wel-
ches Tanzende haben. Alles, was man sieht, erinnert hier
an Gottes Macht und Grösse und stimmt zur Andacht.
Einen eigenthümlichen Eindruck macht es, wenn man
aus diesen dunkeln Gewölben auf einmal wieder in die
Tageshelle tritt: man wird fast geblendet, fühlt sich aber
wieder recht leicht und froh ums Herz, und erinnert sich
unwillkürlich des unglücklichen Entdeckers der Höhle, des
Bergmanns Baumann. Er bahnte sich, getrieben von
Neugier und Verlangen nach Erzen, mit unsäglicher Mühe
und Beschwerden einen Weg durch den schon bezeichne-
ten engen Eingang und gelangte so glücklich in die ersten
Abtheilungen der Höhle. Beim weiteren Vordringen er-
losch ihm aber plötzlich sein Grubenlicht, und er tappte
nun, umgeben von der dichtesten Finsterniss, in diesen
furchtbaren Schlünden umher, vergeblich den Ausgang
suchend. Sein Angstruf verhallte in den grausigen Höhlen,
ohne das Ohr eines Erdenbewohners zu erreichen. End-
lich, nachdem er drei Tage und drei Nächte lang zehn-
fach die Angst eines Lebendigbegrabenen ausgestanden
hatte, erblickte er den rettenden Lichtstrahl, der ihn
wieder zur Oberwelt zurückführte. Hunger, Angst und
Anstrengung hatten seine Kräfte so erschöpft, dass er
wenige Tage nachher starb. Indessen hatte er doch noch
so viel Besinnung, seine Freunde auf die Geheimnisse
dieser Höhle aufmerksam zu machen, weshalb sich auch
bald Mehrere fanden, die seinen Versuch mit gutem Erfolg
wiederholten, die Höhle aber ihm zu Ehren Baumanns-
höhle nannten. Die Zeit der Entdeckung kennt man
nicht; doch soll die Höhle schon in der Mitte des 16.
Jahrhunderts bekannt gewesen und bereits 1570 von den
Grafen Ernst und Martin von Reinstem besucht worden
sein.
Der Baumannshöhle fast gegenüber, also auf dem
rechten Bode-Ufer, befindet sich eine ähnliche Höhle,
welche nach dem auf der Thalwand sich erhebenden