1909 -
Stuttgart
: Franckh
- Autor: Fischer, R., Baß, J., Seytter, Wilhelm, Manzek, O.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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5. Wanderungen der westgermanischen Völker und Rümpfe mit den Römern.
Die ersten Zusammenstöße mit den Römern. Einige Jahrhunderte mochten die
alten Germanen ruhig in ihren eroberten Wohnsitzen geblieben sein, da Kam wieder Be-
wegung in die Volksmassen. Zwei mächtige Volkstämme, die Zimbern und Teutonen,
verließen ihre Wohnsitze in Jütland, veranlaßt durch Nahrungs- und Raummangel in-
folge von Springfluten, welche ihre Wohnsitze überschwemmten. Sie zogen mit Weib und
Rind und all ihrer habe nach Süden. Solange sie vereinigt blieben, bildeten sie den
Schrecken der Römer,' sie besiegten diese mehrmals, jedoch ohne ihre Erfolge auszu-
nützen. Rls sie sich aber trennten, wurden sie in zwei furchtbaren Schlachten von
Marius, einem tüchtigen römischen Feldherrn, vollständig geschlagen und vernich-
tet. Die germanischen Frauen töteten sich selbst, um nicht in die Hände der Römer
zu fallen.
Dreißig Jahre später wurden die Sueven von gallischen volkstümmen über den
Rhein gerufen,' unter ihrem tapfern Runing Rriovist gewannen sie das Land den
Galliern ab. 5lber bereits hatte ein Stärkerer die Hand auf dieses Gebiet gelegt,
Julius Läsar, einer der größten Helden und Staatsmänner. Seiner Rriegs-
kunst konnten die ungeübten Sueven nicht standhalten; er schlug sie in der Rähe
von Mülhausen i. E. in einer großen Schlacht und warf sie über den Rhein zurück.
Zweimal setzte Eäsar über den Rheinstrom, aber ohne festen Fuß auf der rechten
Seite des Stromes zu fassen. Dagegen hatte er die Deutschen als Rrieger derart
schätzen gelernt, daß er sie gerne als Söldner und Rriegsknechte in das römische Heer
aufnahm. Und die Deutschen, voll Abenteuer- und Beutelust, weigerten sich nicht,
dem Feinde zu dienen,' ja es wurde bald Sitte, daß germanische Edelinge und Fürsten-
sühne in römische Dienste traten und römische würden erlangten. Wohl lernten sie dabei
nicht nur römisches Rriegswesen, sondern römische Rultur überhaupt kennen, aber auch
vieles, was ihnen nicht zum heil gereichte: römische Falschheit, Genußsucht und
Eitelkeit.
Die Römer in Deutschland. In Rom herrschte damals Kais er Hugu|tus
über ein riesiges Reich. Rls gewaltige Eroberer hatten die Römer von Italien aus
Griechenland und Mazedonien, Spanien, Frankreich (Gallien), Belgien und
Südengland, die Rlpen- und Donauländer bis zur Save unterworfen. Das
eigentliche Deutschland lockte sie wegen seines unwirtlichen Rlimas zunächst
wenig- es war ihnen bisher nicht um Eroberung, sondern nur um Sicherung
der Grenzen, besonders am Rhein, zu tun gewesen, weil Gallien ihr wert-
vollstes Rolonialland geworden war und von deutschen Stämmen beständig
beunruhigt wurde. Run aber sandte Raiser Rugustus seinen Stiefsohn Drusus
an den Rhein, und in einer Reihe vorzüglich geleiteter Feldzüge unterwarf
Drusus Deutschland zwischen Rhein und lveser. Zur Sicherung des römischen
Besitzes bauten die Römer am Rheine Burgen und Ra st elle,' selbst im
Innern wurden römische Stützpunkte geschaffen, z. B. Rliso bei Paderborn
und ein Rastell an den (Quellen der Lippe. Römische Militärstraßen durch-
zogen das Land, und die germanischen Männer wurden durch Verleihung
van Ehrenstellen und durch Geschenke gewonnen. Es gab unter den Edlen der
deutschen Stämme schon eine römische Partei, und scharenweise drängte sich
die kriegslustige germanische Jugend zu dem römischen Rriegsdienst herzu.
Zwar kam Drusus auf einem Rriegszug an die Elbe um (vgl. das Gedicht:
„Drusus' Tod")' aber fein Nachfolger Tiberius gewann durch kluge Nus-