1909 -
Stuttgart
: Franckh
- Autor: Fischer, R., Baß, J., Seytter, Wilhelm, Manzek, O.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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lung kündigte allen Völkern Gleichheit und Freiheit an, brachte ihnen aber nur Mord
und Kaub. Die Häupter der Königsfamilie, des 5ldels und des gemäßigten Bürgertums
fielen unter der Guillotine (dem Fallbeil), und ein entmenschter Pöbel richtete sein
Schreckensregiment auf.
Die Reoolutionstriege. Die Flammen dieses Aufruhrs schlugen bald auch
nach Deutschland hinüber und entfesselten einen Weltbrand. Ls war kein
Nrm da, der ihrem wüten hätte Einhalt
gebieten können. Preußen und Österreich
verbanden sich zwar zur Nbwehr,- aber sie
unterschätzten die Gefahr. Die Franzosen
sammelten mit größter Anstrengung ein
Heer und entfalteten eine staunenswerte
Tapferkeit. Die Freiheitsbegeisterung feu-
erte die französischen Heeresmassen zu küh-
nen Taten an, daß sie nicht nur das eigene
Land gegen die herannahenden Feinde
schützten, sondern auch die benachbarten
Länder, Belgien, Holland und die
linksrheinischen Gebiete Deutsch-
lands, eroberten. Dazu kam die alte
Eifersucht zwischen Preußen und Öster-
reich ; Friedrich Wilhelm Ii. schloß
voreilig Frieden mit Frankreich,- Ruß- Kupoleon I.
land, England und Gsterreich kämpften Photographische Gesellschaft, Berlin )
weiter, letztere mit dem Reichsheer, das
ein Zeitgenosse folgendermaßen schildert: „Die Reichstruppen waren zusammen-
gerafftes Gesindel in den verschiedenartigsten Uniformen - hier stellte ein Rloster
zwei Mann, dort ein Graf den Fähnrich, dort eine Reichsstadt den Hauptmann,-
von Geist aber, von Vaterlandsliebe war keine Spur zu finden." Mit solchen
Truppen waren keine Schlachten zu gewinnen, dagegen rückten die Franzosen
mutig vor und jagten die linksrheinischen Fürsten und Bischöfe aus ihren Landen.
Napoleon Vonaparte vom General bi; zum Kaiser. Geradezu unüberwindlich
wurden die französischen Heere, als sie in Napoleon Bonaparte einen
als Feldherrn und Staatsmann gleich bedeutenden Führer erhielten. Er war
ein kühner, verwegener Soldat, der im Notfall selbst die Fahne in den
dichtesten Kugelregen trug, ein großer Feldherr, der seine Truppen zu
hoher Begeisterung und zu wildem Ehrgeiz entflammte, ein kluger Staats-
mann, der die Schwächen seiner Gegner kannte und ausnützte. Er war siegreich
in Italien und Ägypten, siegreich in Deutschland. Im Frieden von Lüne-
ville wurde das ganze linke Rheinufer an Frankreich abgetre-
ten,- die deutschen Fürsten, die hier ihr Land verloren, wurden durch Gebiete
auf dem rechten Rheinufer entschädigt. Zu diesem Zwecke beraubte
Napoleon viele selbständige kleinere Staaten und die freien Reichsstädte ihrer
Selbständigkeit und zog fast alle geistlichen Besitzungen ein. Diese Maßregel
hatte für Deutschland immerhin das Gute, daß die Zahl der 300 und mehr Staaten
und Stätchen, in die es bisher zerstückelt war, mit einem Schlag um 112 Her-
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