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1. Deutsches Lesebuch für einfache Schulverhältnisse - S. 218

1876 - Berlin : Wohlgemuth
218 unter seinen Kindern, Kindeskindern und Urenkeln. @e' schlechter auf Geschlechter sind entstanden und vergangen wie eine Blume des Feldes; aber der Alte ist im Sturme der Jahrhunderte unerschüttert geblieben; eine wunderbare Gotteskraft hat ihn erhalten zum lebendigen Zeugniß eine1’ längst verschwundenen Zeit» von welcher nur die Sage berichtet. Was für Geschichten könnte manche Eiche erzählen» würde ihr die Rede verliehen! Die Eiche, von deren Holze der alterthümliche Schrank und der unverwüstliche Tisch» den du von deinen Großeltern überkommen hast, gearbeitet wurde, sie hat vielleicht noch die alten heidnischen Sachsen, deine Stammväter, unter ihrem Schatten lagern sehen, ihren1 tapferen Streite mit den mächtigen Franken zugeschaut und sich altdeutscher Größe und Herrlichkeit gefreut, wenn sie dem nervigen Arme des kriegslustigen Jünglings einen festen Zweig darreichte zum Stiele für die wuchtige Streitaxt. Wie die sinnigen Griechen die mächtige Eiche dein mächtigsten ihrer Götter, dem erhabenen Donnerer Zeus, geweiht hatten, so war auch unsern Altvordern dieser Königsbaum dem mächtigen Donnergott Thor geheiligt, der im zuckenden Blitz und rollenden Donner sich den Sterblichen offenbarte. Der heilige Eichenhain durfte nicht von Um eingeweihten, allein nur vom opfernden Priester betreten werden, und wo eine heilige Eiche stand, würde keines Menschen Hand gewagt haben, sie ihres Laubes oder ihrer Zweige zu berauben oder gar umzuhauen. Dieses Recht hatte allein der aus der Gewitterwolke zerschmetternd niederfahrende Wetterstrahl ihres Gottes. Die alten Deutschen, obwohl sie Heiden waren, hatten doch ein nicht minder feines Gefühl für das Leben und Weben der unsichtbar 111 der Natur waltenden Gotteskraft als wir, ihre christlichen Nachkommen. Von gemauerten, künstlich erbauten Tempeln» wußten sie nichts; sie fanden die heilige Stätte für ihre Gottesverehrung in jenen von Menschenhänden unberührten» durch göttliche Allmacht erbauten Eichwäldern; dort, in1 geheimnißvollen Dunkel und in feierlicher Stille vernahmen sie das leise Wehen der Gottheit. Einzelne ihrer Götter mochten auf Bergesgipfeln und Felsenhöhlen und an Fluß' ufern wohnen; aber der allgemeine Gottesdienst des Volkes hatte seinen Sitz im grünen Hain, und nirgends anders hätte er auch einen würdigeren Platz finden können. Denn tritt nur hinein in die erhabene Stille eines Eichenwaldes, sei es in der Frühe des Morgens, wenn die hohen Laub- kronen im ersten Sonnenstrahle glänzen, oder am heißen
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