1876 -
Berlin
: Wohlgemuth
- Autor: Wirth, Gustav, Theel, F. W.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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und segnet auch im Wettersturm. —
Behüt uns Gott in Gnaden!
Milder schon fallen die silbernen Tropfen;
Muter schon zwitschert der Sperling vom Dach;
frisch in der Werkstatt vernimmt man das Klopfen,
all das verschüchterte Leben wird wach;
fern am Gebirge, dahin er gezogen,
murrt noch der Donner, ein fliehender Leu;
aber am Himmel der leuchtende Bogen
kündet's der Erde: Der Herr ist getreu!
Ihr Kinder, auf, hinaus ins Feld!
Wie weht's und duftet's durch die Welt!
Wie glänzt die Luft, wie perlt die Flur!
Hab Dank, o Herr der Creatur.
Behüt uns Gott in Gnaden! K. Gerok.
248. Der Schnee.
u Auch der düstere, altersschwache Winter will im Schmuck erscheinen,
> ..Mcht allzusehr hinter seinen jüngeren Brüdern, dem hoffnungsvollen
Abling, dem fruchtreichen Sommer und dem weinbckränzteu Herbst zu-
^*c‘äuftei)eit, auch er will nicht immer griesgrämig und mürrisch gescholten
Da verscheucht er denn die grauen sjfckl, die sein finsteres
umwölken, gebietet den scharfen Winden Ruhe, die ihm den strup-
Bart zerzausten und webt sich aus funkelnden Eiskristallen einen
awtel, der weich und wollig aus die nackte Erde herabsinkt,
b Dann gewinnt die Landschaft einen wundersamen Reiz, sei es, daß
lick st ond seine Strahlen über Wald und Flur ausgießt und die herr-
tob * Gegensätze von Licht und Schatten, von blendendem Weiß und
^schwarzem Dunkel hervorzaubert, sei es, daß die Sonne die weite
s/.llcht beleuchtet. Glänzende Gefilde und dunkle, tannenbekränzte Höhen
is Nnen dann den: entzückten Beschauer zuzurufen: „Siehe, auch der Winter
Ichön!"
Ueber die Art und Weise, wie der Schnee entsteht oder wie seine
beii'i f^ch zusammenfügen, wissen wir erst sehr wenig. Wahrscheinlich
auatn die Wolken, in denen sich die Schneeflocken zuerst bilden, nicht
xb Dunstbläschen, sondern aus feinen Eisnadeln, welche durch fortwäh-
Ansetzen von Wasserdämpfcn größer werden und so Schneeflocken
Su Bei ihrem langsamen Herabsalleu durch die unteren Luftschichten
sn sie noch mehr an. Sind die tieferen Luftschichten zu warm, so
^Metzen die Schneeflocken, ehe sic den Boden erreichen; daher regnet es
^uchmal unten im Thäte, während die Berge sich oben mit einem weißen
fl-^^l bekleiden. Bei näherer Betrachtung zeigen die einzelnen Schnee-
die zierlichsten Gestalten. Sie sind alle nach derselben Grundform
sg "det, indem die einzelnen Theilchen sich zu sechseckigen Sternchen zu-
, Mmenfügen. Alis einem Kernchen in der Mitte treten sechs Nadeln
' ^on diesen Nadeln zweigen sich rechts und links andere kleine
dein ab, die in der größten Regelmäßigkeit sich ansetzen. Diese sechs-