1908 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Wohlrabe, Wilhelm, Steger, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
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die Stadt konnten seine Krieger nicht einbringen; denn sie war mit
starken Mauern und breiten Wassergräben geschützt, und die Bürger
hielten treulich Wache. Die beiden eroberten Klöster verwandelte
Albert in feste Burgen für seine Kriegsknechte. Außerdem lagen sie
in der Eüntekenburg vor dem Viehtore und in der Neustadt, die dem
Grafen gehörte.
3. Wenn die Bürger sich aus der Stadt hinauswagten, wurden
sie von den Regensteinern überfallen, ausgeplündert und gefangen
genommen oder gar getötet. Ebenso erging es den Freunden der
Bürger, die zur Stadt hinein wollten. —
Das wurde bald unerträglich, und die Bürger machten daher
große Anstrengungen, sich die Bedränger vom Halse zu schaffen.
Nachdem sie sich mit ihren Verbündeten verständigt hatten, unter-
nahmen sie mutige Angriffe auf die Belagerer. Bei einem solchen
Ausfalle wurde die Eüntekenburg zerstört und das Wipertikloster
erobert und verwüstet.
Dadurch ermutigt, griffen sie das Heer des Grafen bald darauf
auf freiem Felde an. Ein hitziges Gefecht entspann sich an den
Keweckenbergen. Die Gräflichen wurden geschlagen und suchten sich
in die Eersdorfer Burg zu retten, die dem Regensteiner gehörte.
Aber die Städter drangen mit ein, und so wurde das ganze Heer
des Grafen aufgerieben und versprengt.
4. Der Graf selbst hatte die Burg rechtzeitig wieder verlassen
und wollte wahrscheinlich im Wipertikloster eine Zufluchtsstätte suchen.
Da bemerkten ihn die Quedlinburger in der Gegend des Ochsenkopfes
Und setzten ihm nach. Graf Albert wollte ausweichen, geriet dabei
aber in einen Sumpf, den Hakelteich. Hier sank sein Streitroß ein.
und die schwere Rüstung machte es ihm unmöglich, zu Fuße zu ent-
kommen.
So war er seinen Feinden hilflos preisgegeben. Sie kamen mit
lautem Geschrei herbei, sielen über ihn her, fesselten ihn und führten
ihn gefangen nach Quedlinburg. Dort wurde in aller Eile ein großer
Kasten aus starken Bohlen gezimmert, in dem man ihn verwahren
wollte. Die Tür daran war so niedrig, daß er hineinkriechen mußte.
So hatten die Bürger ihren mächtigen Gegner tief gedemütigt und
waren sicher, daß er ihnen nicht mehr schaden konnte.
5. Nun stellten sie ihre Forderungen. Diese erschienen dem
stolzen Grasen so unsinnig, daß er nicht daran dachte, sie zu erfüllen.
Er hoffte wohl noch auf die Hilfe mächtiger Freunde. Aber deren
Bemühungen um seine Befreiung waren vergeblich. Nachzugeben, er-
laubte ihm sein Stolz nicht, und so blieb er im Kerker.
Endlich verklagten ihn die Bürger bei dem mächtigen Hansabunde.