1910 -
Berlin
: Schnetter & Lindemeyer
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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bestimmte, daß die Kurlande immer ungeteilt auf den ältesten Sohn
übergehen sollten; die fränkischen Besitzungen sollten in zwei Teile,
Ansbach und Bayreuth, zerlegt werden dürfen. — Von den Pom-
mern erwarb Albrecht die letzten Teile der Uckermark. Durch einen
Vertrag mit dem Herzog von Sagan erhielt er Krossen, Züllichau,
Sommerfeld und Bobersberg.
Aus Albrecht folgte sein Sohn Johann Cicero I486
bis 1499. Er wurde wegen seiner Fertigkeit im Lateinischen Cicero
genannt und ist der erste Kurfürst, der seinen Sitz dauernd in der
Mark und zwar meist in Berlin nahm. Er regierte friedlich und för-
derte den Wohlstand des Landes. Nur einmal mußte er das Schwert
Ziehen, als die Bewohner von Stendal sich gegen die Einführung
einer direkten Steuer, der Bierziese, sträubten; er besiegte sie und
Zwang sie zur Zahlung der Bierziese. Durch Kauf erwarb er die
Herrschaft Zossen.
Joachim I. Nestor 1499—1535. Der strenge Richter.
Joachim war bei feinern Regierungsantritt erst 15 Jahre alt. Da
erhob sich noch einmal der Adel und machte die Straßen unsicher.
Die Bürger und Bauern klagten damals: „Vor Köckeritz und Lüderitz,
vor Krachten und vor Jtzenplitz behüt' uns, lieber Herre Gott." Die
Frechheit der Raubritter ging so weit, daß sie an die Tür des kur-
fürstlichen Schlafgemachs die Drohworte schrieben: „Joachimke,
Joachimke, Hüde dh, fange wh dy, so hange Wh dy!" Auf der
Köpenicker Heide wollten sie ihn überfallen und umbringen. Ein
Bauer aber warnte den Kurfürsten. Nun ging Joachim mit eiserner
Strenge gegen den Raubadel vor; in einem Jahre ließ er 70 Räuber
ergreifen und hängen oder enthaupten. Als man einmal die Hin-
gerichteten bedauerte, sagte er: „Nicht adliges Blut habe ich vergossen,
sondern Räuber und Schelme nach Verdienst bestraft." In Berlin
gründete er das Kammergericht als obersten Gerichtshof.
Der weise Regent. Joachim I. beschäftigte sich gern mit ge-
lehrten Studien. Um die Bildung seiner Märker zu heben, führte er
den Plan seines Vaters aus und gründete 1506 die Universität Frank-
furt a. £>., die 1811 nach Breslau verlegt wurde. Die neugegründete
Universität wurde wenig besucht. Die meisten Studenten gingen da-
mals nach Wittenberg, um Luther und Melanchthon zu hören. —
Joachim vergrößerte die Mark, indem er nach dem Aussterben der
Grasen von Ruppin ihr Land mit der Mark vereinigte. 1529 schloß
er mit den Herzögen von Pommern den Grinmitzer Vertrag. Er ver-
zichtete auf die Lehnshoheit, erhielt aber dafür die feierliche An-
erkennung des brandenburgischen Erbrechts auf Pommern.
Ter Gegner der Reformation. Joachim war ein entschiedener
Gegner der Reformation. Zwar hielt er eine Reformation der Kirche
für notwendig; aber nach seiner Meinung konnte sie nur vom Papste
oder vom Kaiser ausgehen. Er zürnte Luther auch, weil dieser beu