1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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sammenhaltet, werdet ihr bestehen, und niemand wird euch
überwältigen können. Wird aber das Band der Eintracht,,
das euch verbinden soll, aufgelöst, so geht es euch, wie den,
Stäben, die hier zerbrochen auf dem Boden umher liegen!^
Iv. Der Christabend.
Still, was schleicht dort so
alleine?
Jammert dort in Frost und Wind?
Seh' ich recht im Mondenscheine,
Jst's ein schmächtig, blasses Kind.
Traurig schlüpft es durch die
Gassen, —
Leicht und dünn ist sein Gewand, —
Irrt so unstät und verlassen,
Niemand führt es an der Hand.
Horch! Es wimmert leis' im
Sturme:
„Lieber Gott im hohen Thron!
Zählt' ich recht — vom Ste-
phansturme
Ries die Glocke sieben schon!
„Soll ich mich zurücke wagen
In der alten Base Hans?
O gewiß, sie wird mich schlagen;
Denn ich blieb zu lange ans!
„Nein, ich will noch länger
bleiben,
Weht der Schnee gleich ins Gesicht,
Mich auf off ner Straße treiben; —
Dem Empfang entgeh' ich nicht!
„Welch ein Glanz dort in
den Buden!
Alles bunt im Lampenschein!
War's wohl Spott? Die Händ-
ler luden
Freundlich mich zu kaufen ein.
„Wie die Messingkännchen
locken!
Körbchen, ganz von Lahn und
Schmelz,
Gärtchen , Schäfchen , gold ne
Docken,
Handschuh — hu! von warmem
Pelz!
„Aber leer sind meine Taschen,
Trockne Rinden hab' ich kaum;
Alles darf sich freu'n und naschen.
Doch wer putzt für mich den
Baum?
„Ha! wie hell wird's in den
Zimmern! —
Und die Thüre, lang bewacht,
Thut sich aus, — ihr seht e§
flimmern,
Was das Christkind euch gebracht k
„Schau! Dort an des Marktes-
Ecke
Guckt das Volk zum Fenster 'nein;
Ha! wie flammt es an der Decke!
Dort mag Pracht und Reichtum
sein!
„Ei, rch möcht' es auch wohl
sehen, _
Doch ich schäme mich im Troß;
Drum zur Thüre will ich gehen.
Und dann bück' ich mich ank
Schloß." —
Und sie geht, und durch die
Spalte
Sieht man Silberleuchter stehn;
Weihrauchdüfte ziehn ins Kalte;
Hohe Walratkerzen wehn.
Blendend weiße Linnen wallen
Um die Fenster, lang und weit;
Festlich, wie in Kirchenhallen,
Ist die Flur mit Sand bestreut.
Hyacinthen, Tulpen blühen,
Veilchen auch, wie im April;
Doch kein Atem scheint zu ziehen;
Alles ist so schön, so still!