1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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men und dadurch die Beschaffenheit der Seide veredelt. Nach-
dem die Seidenzucht sich weiter in Asien verbreitet hatte,
wurde sie unter dem Kaiser Justiuian auch in Europa
und zwar zuerst in Constantinvpel und Griechenland
eingeführt. Dieser Kaiser hatte zwei Mönche abgeschickt, welche
im Jahre 555 nach Christus die ersten Eier des Seiden-
spinners in ihren ausgehöhlten Wanderstäben herüberbrachten.
Gegenwärtig zieht man die meiste Seide in Italien und
im südlichen Frankreich. Aber auch in Deutschland hat man
schon vor längerer Zeit den Seidenbau mit großem Eifer
einzuführen begonnen, Maulbeerbäume gepflanzt und Has-
pelmaschinen aufgestellt. Und der Seidenbau ist lohnend,
da ihn der Landmann ohne große Vorrichtungen als einen
Nebenerwerbszweig zu einer Zeit, wo ihn andere Arbeiten
nicht übertrieben in Anspruch nehmen, durch Frauenspersonen
und Kinder betreiben kann. Im Durchschnitt liefern 7 bis 10
Pfund Cocons ein Pfund Seide. Die Raupen kaun man in
jedem Zimmer halten, wenn sie nur vor Kälte, Hitze, Staub,
Rauch und Nässe, vor Ratten, Mäusen und Spinnen gesichert sind.
Die Eier des Seidenspinners werden in vier bis acht
Tagen von der Wärme ansgebrütet; die später auskommen-
den Raupen sind schwächlich und spinnen schlecht. Gleich,
nachdem sie ausgekrochen, fangen die kleinen, schwarzen Räup-
chen an zu fressen. Ihre natürliche Nahrung, wie bereits
oben gesagt worden, sind die Blätter des Maulbeerbaumes,
besonders des weißen; bei einem andern Futter ertranken
und verkümmern sie. Sie sind, wie alle Raupen, außeror-
dentlich gefräßig und verzehren an einem Tage zweimal
so viel Futter, als sie selbst schwer sind. Bis zur Verpup-
pung häuten sie sich, in einer jedesmaligen Zwischenzeit
von vier bis sechs Tagen, viermal. Wenn der Tag der
Häutung sich nähert, werden sie matt und liegen 24 Stun-
den ohne Nahrung und fast ganz steif. Sobald sie die auf-
geborstene Haut abgestreift haben, fressen sie wieder allmäh-
lich mehr. Indes sind die Zeiten der Häutung nicht unge-
fährlich, und manche büßen ihr Leben ein. Mit der Häu-
tung werden sie weißer, glatter und größer, und nach der
vierten Häutung fressen sie zweimal so viel, als in der ganzen