1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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scheiden und harmlos, das der Moose. Diese Pflänzchen sind
die Zwerge der Pflanzenwelt. Die größten davon sind nicht,
größer als ein Finger, und die meisten sind viel kleiner, sa
viele sind nicht größer als ein Naöelknopf. Wie zierlich-
überziehen sie in mannigfachem Rasen den Grund des Wal-
des! Hier wölben sich dichte Polster von dunkelgrüner Farbe
und tragen lange, goldene Fäden und Knöpfchen mit goldenen
Kronen darauf; es ist das goldene Frauenhaar. Daneben
stehen andere im hellen glänzenden Gewand, die ihre Früchte
bescheiden hängen wie kleine Glocken; es ist ein Sternmoos.,
Dort wölben gelblichgrüne Pflänzchen mit vielen Ästen weiche
Ruhekissen und bilden kleine, zartgeschmückte Bogengänge,,
während in freudig frischer Farbe, zart zerteilt, sich andere
Arten auf dem dunkeln Grunde des Waldes schlängeln. Mehr
als hundert verschiedene Arten leben still in Wald und Sumpfs
an Stämmen und Felsenwänden, an Mauern und auf
Dächern.
Wie schwach ist ein einziges solches Pflänzchen! Seine
Würzelchen bemerkt man kaum, so feine Fasern sind es. Sein
Stengel ist von Blättchen dicht umhüllt und kaum so dick,
als ein Fädchen Zwirn. Die Blättchen selbst, wie weich unl>
fein sind sie, wie zart und schön geformt! Schwach und hin-
fällig, vermag ein solches Pflänzchen kaum allein zu stehen.
Der Wind vertrocknet es, die Sonne dörrt es aus, der Fuß-
tritt eines Vögleins wirft es um, ja ein Käfer, der vorbei-
läuft, stößt das einzelnstehende zu Boden. Darum hat der
liebe Gott es auch stets in Gesellschaft wachsen lassen. Tau-
send und tausend Pflänzchen einer Art stehen beisammen.
Sobald nun Regen oder Tau herniederträufeln, saugt der
ganze Rasen große Mengen davon auf, während ein einziges-
Pflänzchen nichts von dem so unentbehrlichen Wasser lange
festzuhalten vermöchte. Der Wind streicht ohne Macht über
die Rasen hin. Wenn er auch die obern Blätter etwas trock-
net, so ist im Innern desselben doch noch genugsam Vorrats
so daß davon selbst noch auf lange Zeit übrig bleibt. Die
kleinen Zwerglein, deren eines für sich allein schwächlich dahin
sinkt, richten in Gesellschaft gar manches aus. Sie sind die
fleißigen, guten Geister des dunkeln Waldes. Wenn im rau-
hen Herbst die Blätter der stolzen Bäume gelb und dürr zur
Erde fallen, wenn alles tot und leblos scheint, dann ist dat
Moos am schönsten grün und wächst am thätigsten. Es fängt
die Eicheln und die Nüsse der Buchen und Haseln auf und-
umhüllt sie weich und warm. Sie sind die kleinen Kindlein,
und das Moos ist ihre Mutter. Der kalte Winter bläs t mit
scharfem Wind durchs dürre, kahle Buschwerk. Die Zweige.