1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
befand; man grub nach und fand sie. Um allen Zweiflern
nun zu beweisen, daß es die echte sei, unterzag sich Bartholo-
mäus der Feuerprobe. Er ging mit einem leichten Gewanoe
mit bloßen Füßen, indem er die Lanze trug, durch eine lauge
Gasse flammender Scheiterhaufen und kam unversehrt aus
Qualm und Glut hervor. Ta verlangte das Kreuzheer, zum
Kampf geführt zu werden; die Krieger beichteten und empfin-
gen d-ie heilige Kommunion und zogen am Tage Petri und
Pauli, indem der tapfere und fromme Graf Raimond die hei-
lige Lanze trug, halb nackt, von Hunger abgemattet, dem
wohlgenährten und zahlreichen muhamedanischen Heere ent-
gegen. Nach heißem Kampfe wurde der Sieg den begeisterten
Kreuzfahrern zu teil; wenige Hunderte schlugen viele Tausende
der Feinde in die Flucht. Sie eroberten das türkische Lager
mit allen Schützen, Waffen und Vorräten, feierten Dankfeste
und gründeten zu Antiochia ein eigenes Fürstentum.
Weil man nicht gerade auf Jerusalem losging, sondern an
die Begründung weltlicher Herrschaft dachte, würden viele
Kreuzfahrer unmutig und kehrten nach Europa zurück; noch
mehrere starben an einer ausgebrochenen Pest; doch die übrigen
brachen mit neuer Kraft und neuem Mute im November 1098
auf und zogen am Meere hin, um von der christlichen Flotte
Unterstützung zu erhalten. Sie schlossen mit mehreren Emiren
Verträge und gingen gerade auf Jerusalem zu. Nach vielen
ausgestandenen Mühseligkeiten langten sie endlich auf der
Höhe von Emmaus an. Da erblickten sie die heilige Stadt im
Glanze der aufgehenden Sonne, und voll frommer Begeisterung
fielen sie auf die durch die Fußtritte des Heilandes geweihte
Erde, küßten sie, stimmten Lobgesänge an und weinten vor
Freude. Alle ausgestandenen Leiden waren vergessen, voll
freudigen Mutes blickten sie den kommenden Gefahren ent-
gegen. Sogleich fingen sie die Belagerung der Stadt Jeru-
salem an, die sich in der Gewalt des Sultans von Ägypten
befand und von einem größeren Heere verteidigt wurde, als
das der Kreuzfahrer war. Nach ungeheuren Anstrengungen
wurde zuerst die äußere Mauer und darauf bei einem Haupt-
sturme, durch Hülfe beweglicher Türme, auch die innere ge-
nommen; siegreich drang man in die Stadt ein, am 15. Juli
1099, einem Freitage, nachmittags 3 Uhr, zu derselben Stunde,
wo der Herr am Kreuze gestorben war. Aufgebracht durch
den Widerstand der Sarazenen, mordeten die Kreuzfahrer in
der ersten Wut alles, was unter ihr Schwert kam. Nach dem
Beispiele Gottfrieds legten dann die Eroberer ihre Waffen
von sich, reinigten sich vom Blute der Erschlagenen und zogen
in Prozession zur Kirche des heiligen Grabes, vergossen Freuden