1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Getrennten wieder zur Vereinigung bringen wird. Lasset
uns um das baldige Erscheinen dieser Zeit flehen und han-
deln, unerschütterlich fest stehen im Glauben, den getrennten
Brüdern aber nie unsere Liebe versagen.
21. Die Wiedertäufer in Münster.
Kaum waren durch den zu Nürnberg 1532 abgeschlos-
senen Religionsfrieden die Katholiken und Protestanten fürs
erste etwas beruhigt worden, als ans einer anderen Seite
neue Unruhen ausbrachen. Thomas Münzer, welcher
mit seinen Ranbscharen bei Frankenhausen in Thüringen ge-
schlagen worden, war mit dreihundert seiner Anhänger ge-
fangen genommen und hingerichtet. Viele hatten sich durch
die Flucht nach den Niederlanden gerettet. Von hier aus
schickten die Schwärmer, die sich nun Wiedertäufer
nannten, weil sie die Neuaufgenommenen durch eine abermalige
Taufe zu Mitgliedern ihres abenteuerlichen Reiches ein-
weihten, auch Abgeordnete nach Westfalen, um ihren Anhang
zu vergrößern. Zwei von ihnen kamen 1533 nach der
Hauptstadt Münster, nämlich Johann B o ck e l s o h n, ein
Schneider aus Leyden, gewöhnlich Johann von Leyden
genannt, und Matthiesen, ein Bäcker ans Hartem. Nach
und nach gewannen sie viele Bürger für ihre Lehre, zumal
ans den ärmeren Volksklassen, die durch die verheißene Güter-
gemeinschaft angezogen wurden. Selbst der lutherisch gewor-
dene Kaplan an der vorstädtischen Kirche St. Mauritz,
Bernard Roth mann, wurde in den Wirbel dieser neuen
Schwärmereien hineingerissen. Der Magistrat jagte die Un-
ruhestifter ans der Stadt, aber sie kamen bald heimlich wie-
der, und ihr Anhang wurde endlich so stark, daß sie den
Bischof und den Magistrat selbst vertrieben. Die meisten
rechtlichen und wohlhabenden Bürger verließen vor Angst die
Stadt. Nun erließ Rothmann einen Aufruf an alle Be-
wohner der Umgegend: „Alle, denen ihr Heil am Herzen
liege, möchten nur ihre Habe zurücklassen und mit Weib und
Kind nach Münster, dem neuen Jerusalem kommen, um den
wahren Gottesdienst wieder aufzurichten; hier sollten sie