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1. Lesebuch für Ober-Klassen in katholischen Elementar-Schulen - S. 408

1886 - Münster i.W. : Aschendorff
408 vertilgen." Das ganze Volk staunte über diese neue Weissagung; Johann aber sank in die Kniee und ries: „Schon vor mehreren Tagen, liebe Brüder, hat auch miv Gott dies geosfeubaret; aber es gefiel seiner Weisheit, dieses Lurch einen andern zu verkündigen. Wohlan denn, du ge- beutst, Allmächtiger, und dein Knecht gehorcht!" Nun wurde der Schneider König und richtete sich einen förmlichen Hof- staat ein. Der Scharfrichter Knipperdölling wurde sein Mi- nister, Krechting sein Geheimrat. Achtundzwanzig Trabanten bildeten seine Leibwache. Von nun an erschien er stets im königlichen Gepränge, das Scepter in der Hand, sein schar- lachroter Mantel blitzte von Gold und Juwelen. Ihm zuv Seite gingen schön geschmückte Edelknaben, die ein Schwerts eine Bibel, den Neichsapfel und die Krone trugen. Das Belagerungsbeer machte unterdessen nur geringe Fortschritte; aber desto verderblicher wütete der Hunger unter den Aufrührern und die Grausamkeit des Königs, der jeden Tag mit Mordthaten bezeichnete. Seine Frau äußerte einst, sie könne doch nicht glauben, daß Gott mit dem Elende gedient sei, welches er über die unglückliche Stadt bringe. Dafür enthauptete er sie mit eigener Hand auf dem Markte und tanzte mit dem Volke um den blutigen Leichnam herum. Diese schaudervollen Unruhen dauerten bis Juni 1535. Da endlich erbarmten sich zwei Bürger der unglücklichen Stadt und leiteten in einer stürmischen Nacht mehrere feindliche Krieger durch den Graben auf den Wall. Diese hieben die Wache nieder, rissen die Thore auf, und mit lautem Sieges- geschrei strömten die Scharen der Bischöflichen in die offene Stadt. Lange leisteten die verhungerten Wiedertäufer ver- zweiflungsvolle Gegenwehr; endlich mußten sie sich ergeben. Rothmann war im Kampfgewühle gefallen, der König Johann aber, seine Minister Krechting und Knipperdölling wurden in eiserne Käfige gesperrt, eine Zeitlang wie wilde Tiere zuv Schau herumgeführt und zuletzt auf dem Markte mit glü- henden Zangen gezwickt und zu Tode gemartert. Ihre Leichname wurden in drei eisernen Käfigen hoch am St. Lamberti-Turiue, der König in der Mitte und etwas höher, aufgehängt.
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