1886 -
Münster i.W.
: Aschendorff
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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dem trockenen Lande wahrnehmen. Es giebt da Berge, Hügels
Thäler und Ebenen, wie auf dem Festlande; daher die un-
gleiche Tiefe des Meeres, die Klippen, Riffe und Sand-
bänke, welche den Schiffern oft so gefährlich werden. Ja,
es ist der Meeresboden eigentlich nichts anders, als eine
Fortsetzung des Festlandes unter dem Wasser hindurch. Auch
zieren den Meeresgrund ganze Waldungen von herrlichen Ge-
wächsen aller Art, in denen tausenderlei Tiere leben, und
die an minder tiefen Stellen das Auge des darüber Hinsegeln-
den mit ihren schönen Farben ergötzen.
Die Farbe des Meeres ist im allgemeinen blau oder
grünlich blau; indessen wechselt dieselbe an verschiedenen
Stellen nicht minder, wie die Farbe des Himmels. Eben so
ist auch die Durchsichtigkeit des Meerwassers nicht überall
gleich. Besonders klar soll das Meer in der Nähe der west-
indischen Inseln sein, so daß die Schiffe dort wie in der Luft
zu hangen scheinen, und daß man bei 20 Meter Tiefe aus
dem reinen sandigen Boden tausenderlei Gewürme und viel-
artige Fische von den schönsten Farben sich bewegen sieht.
Nicht minder, als Farbe und Durchsichtigkeit, ist auch die
Temperatur oder der Wärmezustand des Meerwassers nach
der Lage der einzelnen Meere und nach der verschiedenen
Tiefe derselben bedeutend verschieden. Die Meere, welche um
die beiden Pole der Erde liegen, sind den größten Teil des
Jahres über ganz zugefroren, und auch im höchsten Sommer
schwimmen auf ihnen Eisstücke umher, die sich hin und wieder
zu mächtigen Eisbergen auftürmen. Ein englischer Seefahrer
erzählt, er habe einmal von seinem Schiffe aus gegen fünf-
hundert solcher schwimmenden Eisberge gesehen, von denen
einige wohl 6o Meter hoch über die Meeresfläche emporstarr-
ten. Nicht selten zeigen diese beweglichen Eisfelsen^ die wun-
derbarsten Formen, so daß eine nur etwas lebhafte Einbil-
dungskraft riesenhafte Gestalten von Menschen und allerlei
Tieren darin erblicken kann. So schön der Anblick solcher
Eisungeheuer sein mag, so gefährlich ist es indessen in ihrer
Nähe, indem sie häufig von den Winden gegen einander ge-
trieben und die Schiffe" zwischen ihnen zermalmt werden. Oft
auch stürzt einer dieser glänzenden Kolosse plötzlich mit furcht-
baren: Gekrach zusammen und bringt weithin alles in wilde,
schreckliche Bewegung.
Eine unbeschreiblich schöne Erscheinung bietet das Leuch-
ten des Meeres bei Nacht dar. So weit das Auge reicht,
scheint oft das Meer in hellen Flammen zu stehen. Oft ziehen
den segelnden Schiffen, besonders in stürmischen Nächten, lange
Lichtstreifen nach, die von Millionen Feuerfunken gebildet zu