1873 -
Harburg
: Elkan
- Hrsg.: Backhaus, Johann Christian Nikolaus, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
E. Bürgerkriege. Verfall Griechenlands.
8. 29. Der peloponnesische Krieg. (411 -404.) Nach Beendigung
der Perserkriege hatte Athen wiederholt mit Sparta und dessen Bundesgenossen
Kämpfe zu bestehen, schließlich war (445) ein Waffenstillstand auf 30 Jahre
geschlossen worden, durch den die athenische und die peloponnesische Bundes-
genossenschaft sich als zwei unabhängige Staatengruppen anerkannten. Aber
schon nach 14 Jahren brach der peloponnesische Krieg aus, der Griechen-
land 27 Jahre verheerte und mit der Niederwerfung Athens endete. Im
zweiten Jahre dieses Krieges starb Perikles an der Pest, die infolge der
Belagerung in Athen ausgebrochen war. Die schlimmste Wirkung des unse-
ligen Kampfes war, daß die Einfachheit, Tugend und Gottesfurcht sich aus
den Gemüthern verlor, daß Müßiggang und Genußsucht, Treulosigkeit und
Ungerechtigkeit, Leichtsinn und Sittenlosigkeit immer weiter um sich griffen.
Die beiden hervorragendsten Männer Athens in dieser Zeit waren Alcibiädes
und Sokrates.
t §♦ 30. Alcibiädes. a. Er war ein Schwestersohn des Perikles.
Schon als Knabe zeichnete er sich durch Gewandtheit, Entschlossenheit und
Uebermuth aus. Als ein Fuhrmann nicht,warten wollte, bis er mit
seinen Genossen das Spiel geendet hatte, warf er sich vor den Wagen und
rief: „Nun fahre zu, wenn du Muth hast." An seinen Lehrer Sokrates
hieng er mit großer Liebe, und sie retteten sich in der Schlacht gegenseitig
das Leben; aber den Uebermuth und die Leidenschaften des Jünglings
vermochte Sokrates nicht zu zügeln. So wettete Alcibiädes einst, er
wolle auf öffentlicher Straße einem angesehenen Manne eine Ohrfeige
geben; er führte es aus und gewann sogleich des Schwerbeleidigten Ver-
zeihung und Freundschaft. Durch seine Klugheit, Beredtsamkeit und
Tapferkeit, seine Schönheit und Freigebigkeit wurde er der Liebling des
Volks, dem er an Leichtsinn und Wankelmuth ähnlich war. — b. Er be-
redete die Athener, eine Flotte von 134 Dreiruderern mit 36,000 Mann
gegen die Stadt Syrakus auf Sicilien zu senden; er selbst wurde zu
einem der Anführer ernannt (415). Von seinen Feinden verklagt und
deshalb abberufen, gieng er rachedürstend nach Sparta und reizte die
Lacedämonier, den Krieg gegen seine Vaterstadt wieder aufzunehmen.
Heer und Flotte Athens wurden in Sicilien nach schrecklichen Kämpfen
vernichtet, viele Bundesgenossen fielen ab, und Alcibiädes brachte sogar
ein Vündniß zwischen Sparta und Tissaphernes, dem persischen Statt-
halter in Kleinasien, zu Stande. In Athen brachen heftige Parteikämpfe
aus, und die Aristokraten, die mit den Spartanern im Einvcrständniß
waren, bemächtigten sich der Herrschaft; indeß nach 4 Monaten gewann
die Volkspartei wieder die Oberhand. Inzwischen wurde Alcibiädes den
Spartanern verdächtig, und er floh zu Tissaphernes (412). — e. Da,
rief ihn die athenische Flotte zurück; er übernahm den Oberbefehl, erfocht
mehrere glänzende Siege (Abydos und Cyucus im Hellespont) und
kehrte im Triumph nach Athen zurück (408). Er wurde zum unum-
schränkten Feldherrn zu Wasser und Lande ernannt; als aber in seiner
Abwesenheit sein Unterfeldherr im Golf von Ephesus (Kleinasien)
durch die Spartaner unter Lysand er eine Niederlage erlitt, wurde er
des Oberbefehls entsetzt und gieng nach Thracien. Hier hörte er von