1873 -
Harburg
: Elkan
- Hrsg.: Backhaus, Johann Christian Nikolaus, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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dem Tode seines Vaters die lateinische Schule in Pforzheim, wo er
sich in den alten Sprachen so auszeichnete, daß der berühmte Gelehrte
R euchlin ihn mit Büchern beschenkte und ihm den griechischen Namen
Melanchthon, d. i. Schwarzerd, gab. In seinem 14. Jahre bezog Me-
lanchthon die Hochschule zu Heidelberg, 2 Jahre später zu Tübingen;
21 I. alt, wurde er als Lehrer des Griechischen nach Wittenbexg be-
rufen. Seine Vorlesungen, waren so ausgezeichnet, daß er oft gegen
2000 Zuhörer hatte; seine Bücher fanden allgemein Eingang („Lehrer
Deutschlands"). In seiner Milde mäßigte er oft Luthers Feuereifer,
dem er an Muth und Willenskraft nicht gleichkam. Er starb 1560, tief
betrübt über den Haß, womit die evangelischen Geistlichen sich unter
einander befehdeten. — b. Unter dem Adel, den Luther auch für seine
Sache aufgerufen hatte, boten ihm zwei edle, kühne Ritter ihre Hülfe.
Ulrich v. Hutten stritt für ihn mit seiner scharfen Feder (Spottgedichte,
Briefe an die Dunkelmänner), und gar zu gern hätte er auch das Schwert
gezogen. Sein Wahlspruch war: „Ich Habs gewagt!" Die deutschen
Fürsten forderte er auf, unter einem neuen Otto gegen Rom zu ziehen.
„Sterben kann ich", rief der tapfere Mann, „aber kein Knecht sein; wer
will mit Hutten für die Freiheit sterben?" Vom Papste verfolgt, von
den Fürsten verlassen, gieng er arm und krank nach der Schweiz, wo er
im 36. Lebensjahre starb (1523). Sein Freund Franz von Sickingen
bot Luther auf fester Burg eine Zuflucht an. Er suchte den Adel und
die Städte gegen die geistlichen Fürsten zu bewaffnen und führte selber
12,000 Mann gegen den Erzbischof von Trier, mußte aber der Ueber-
macht weichen und sich aus seine Feste Mannstuhl in der Pfalz zurück-
ziehen, wo er, belagert und tödtlich verwundet, gleichfalls einen frühen
Tod fand (1523). „Der Herr will", sprach Luther bei der schmerzlichen
Nachricht, „seinem Evangelium nicht mit dem Schwerte helfen. — c. Zu
Luthers Freunden gehörten auch die großen Maler Albrecht Dürer und
Lukas Kr an ach, der Meistersinger Hans Sachs und zahllose treffliche
Männer aller Stände; den kräftigsten Schuh gewährte ihm sein edler
Landesherr, Friedrich der Weise.
§. 124. Reichstag zu Worms. Die deutschen Kurfürsten
hatten nach Maximilians Tode (1519) seinen jungen Enkel, Karl I. von
Spanien, zum Kaiser gewählt, der sich als solcher Karl V. nannte. Ein
kräftiger Herrscher war dem Reiche noth, da im Süden wie im Norden
der Bürgerkrieg tobte. (Blutiger Sieg des Bischofs von Hildesheim,
des Herzogs von Lüneburg und der Grafen von Hoya und Diepholz über
die Herzoge von Kalenberg und Wolfenbüttel auf der soltauer Heide,
t8 1519). Zu Deutschlands Unglück stellte sich der junge Kaiser in
dem Glaubenskampfe auf die Seite des Papstes. Er war der katholischen
Kirche mit Ueberzeugung zugethan; er wollte den Frieden im Reiche auch
deswegen zurückführen, weil ein schwerer Krieg mit Frankreichs ehrgei-
zigem Könige Franz I. drohte. Darum schrieb er gleich nach seiner
Krönung einen Reichstag nach Worms aus, zu dem auch Luther gefor-
dert wurde. Mit freiem Geleit versehen, reiste Luther ab. In Weimar
gewarnt, sprach er das muthige Wort: „Und ob sie zwischen hier und
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