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1908 -
Rostock
: Boldt
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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ihre Kleidung. Zelte und zweirädrige Karren dienten Weibern und Kindern
zur Wohnung. Wohin die Hunnen kamen, verbreiteten sie Schrecken; denn
sie waren raubgierig und grausam. Ihr größtes Vergnügen war der
Krieg; mit gräßlichem Geheul stürmten sie auf ihre Feinde los; im
Schlingenwerfen waren sie Meister.
2. Attila. Die Hunnen verdrängten zuerst die Ostgoten am Schwarzen
Meere, diese darauf die an cher Donau seßhaften christlichen Westgoten,
welche sich nach Italien und Süd-Gallien wandten. Die Hunnen dagegen
setzten sich in Ungarn auf längere Zeit fest. Zu gewaltiger Macht gelangten
sie unter ihrem Kriegshelden Attila oder Etzel („Gottesgeißel"). Er war
ein Mann mit eisernem Willen; alle erzitterten vor ihm. Er lebte und
kleidete sich höchst einfach, doch in seiner Umgebung liebte er die größte
Pracht. Während er selbst nur von hölzernen Schüsseln aß, speisten seine
Gäste von goldenen und silbernen Geräten.
3. Attilas Eroberungszug. Einst zog Attila an der Spitze von
mehr als Million Kriegern an der Donau entlang bis an den Rhein
und setzte über diesen Strom, denn alles Land bis an den fernen Ozean
sollte ihm dienstbar werden. Furcht und Schrecken verbreitete er überall;
denn Mord, Brand und Plünderung bezeichneten stets seinen Weg. Im
Jahre 451 stellte sich ihm in Gallien endlich ein gewaltiges Heer von
Römern, Galliern und Deutschen entgegen. Bei der Stadt Chalons
aus den „katalannischen Feldern" kam es zu einem furchtbaren
Ringen der christlichen und heidnischen Völker, der großen Hunnen-
schlacht. Vom Morgen bis zum Abend dauerte der heftigste Kampf und
das grauenvolle Würgen. Der Hunnenkönig wurde völlig geschlagen,
Attila kam nur mit geringen Resten seines Heeres nach Ungarn zurück.
An 200000 Leichen sollen das Schlachtfeld bedeckt haben. Der L-age nach
haben die Geister der Erschlagenen den Kampf in den Lüften noch drei
Tage fortgesetzt. — Nachdem Attila im nächsten Jahre von einem Zuge
nach Italien sehr geschwächt zurückkam, starb er bald. (Eigenartiges Be-
gräbnis.) Bald nach seinem Tode zerfiel sein mächtiges Reich gänzlich;
die Reste der Hunnen kehrten zum Teil heim in die Steppen Asiens. So
hatten Deutschtum und Christentum den Sieg über das Barbaren- oder
das Heidentunl errungen.
4. Allgemeines. In dieser bewegten Zeit gründeten deutsche Volks-
stämme andere Reiche. Die Sachsen und die Angeln von der cimbrischen
Halbinsel zogen hinüber nach England, unterwarfen sich die Insel und
gaben diesem Reiche seinen heutigen Namen. Die Longobarden
gründeten im nördlichen Italien die Lombardei. Die Franken, welche
ursprünglich am Niederrbein wohnten, dehnten ihre Herrschaft allmählich
über den größten Teil Galliens aus und gründeten das mächtige Franken-
reich. — Seit der Hunnenzeit wird der Roggen als Brotfrucht angebaut. —
Manche Städte verschwanden während der Völkerzüge; die Künste nahmen
ab; der Handel stockte. Die deutsche Schreibkunst, das Papier aus Baum-
wolle. und der gotische Baustil verbreiteten sich.
Nr. 4. Bonifatius (f 755).
1. Bonifatius Ankunft. Es waren schon 700 Jahre seit der
Geburt Christi vergangen, imd immer noch lebten unsere Vorfahren im
Heidentum. Da kamen in der 1. Halste des 8. Jahrhunderts fromme
Männer von England herüber, um ihnen das Evangelium zu verkündigen.
Einer der eifrigsten Glaubensboten (Missionare) war Winfried. Wegen
seines segensreichen Wirkens erhielt er den Namen Bonifatius (d. h.
Wohltäter). Er heißt in der Folgezeit auch der Apostel der Deutschen.
2. Seine Wirksamkeit. Bonifatius zog predigend von einem Orte
zum andern. Im Friesenlande an der Nordsee fand er aber wenig
Gehör; mehr Erfolg hatte sein rastloser Eifer in Thüringen und Hessen.
Je mehr das Volk die Ohnmacht seiner Götter erkannte, desto zahlreicher
wurde täglich die Menge der Gläubigen. (Die heil. Eiche zu Geismar.)