1908 -
Rostock
: Boldt
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Erwärmung war nicht zu denken, nicht einmal an der nächtlichen Lager-
stätte; denn die Gegend war zu holzarm. Tausende und Abertausende
erfroren und verhungerten; andere Tausende fielen durch t>ie„ verfolgenden
Russen. Aber den höchsten Grad erreichte das Elend erst beim Übergang über
die Beresina. In derselben ertranken unendlich viele. So blieben
schließlich von den 500000 Soldaten nur an 20000 übrig. Napoleon aber
hatte sein Heer treulos verlassen. Warm in seine Pelze gehüllt, floh er
in einem Bauernschlitten mit wenigen aus seiner nächsten Umgebung durch
Deutschland nach Frankreich.
Nr. 30. Die Freiheitskriege (1813—1815).
1. Die Erhebung Preußens. Der Feldzug Napoleons nach Rußland
war wirklich der „Anfang vom Ende". Jetzt fühlte jeder deutsche Mann,
nun sei die Zeit zur Befreiung Deutschlands vom fremden Joche gekommen.
Als darum im März 1813 der König Friedrich Wilhelm Iii. von
Preußen sein Volk zu den Waffen ries, da stand dieses auf wie
ein Mann. Männer und Jünglinge, Hohe und Niedere, selbst Knaben und
auch Jungfrauen in Männerkleidern, traten aus edler Begeisterung in die
Reihen der Streiter, um das Vaterland aus seiner tiefen Schmach zu be-
freien. Alle waren entschlossen, zu siegen oder zu sterben. Wer aber nicht
mit ausziehen konnte, fürs teure Vaterland zu streiten, hals auf andere
Weise. Selbst Kinder brachten ihre Sparbüchsen
willig dar, und Dienstboten steuerten ihr Scherf-
lein bei; Schmucksachen aller Art, Pferde und
Hafer, ja überhaupt alles, was nur Wert hatte,
wurde gern dargebracht, damit Krieger aus-
gerüstet wurden. So wurden z. B> 160000 goldene
Trauringe von Eheleuten gegen eiserne ein-
getauscht. und Jungfrauen opferten ihre langen
Zöpfe, um den Erlös dafür zur Rettung des
Vaterlandes herzugeben. Die Dichter Arndt,
Körner, Schenkendorf u. a. begeisterten durch
ihre herrlichen Vaterlandslieder jedes deutsche
Herz. -- Der König von Preußen stiftete den
Orden des „Eisernen Kreuzes" für tapfere
Krieger. Dieser trug die Inschrift: „Mit Gott für König und Vaterland".
Bald standen an 300000 Mann, meistens Freiwillige, aus Nord und Süd,
aus Ost und West, kampfbereit da.
2. Die ersten Siege der Verbündeten. Der König von Preußen
und der Kaiser von Rußland schlossen ein Bündnis, dem auch bald Österreich,
Schweden und England beitraten. Napoleon sammelte in Frankreich ein
neues, großes Heer, mit dem er gegen die neuen Verbündeten auszog.
Erst schien er Erfolg zu haben; doch bald kam es anders. Die Truppen
unter dem Feldmarschall Blücher fochten mit edler Begeisterung. Napoleon
hatte befohlen. Blüchers Armee in die Oder zu jagen und zu ersäufen;
der alte Vater Blücher aber verstand keinen Spaß. Mit dem Zuruf:
„Vorwärts denu in Gottes Namen" führte der tapfere Held fein Heer in
den Kampf und jagte die Franzosen samt und sonders in die Katzbach.
„Vorwärts, Kinder, vorwärts!" feuerte er sie zur Verfolgung an und
errang einen vollständigen Sieg. Sein dankbarer König ernannte Blücher
an diesem Tage zum „Fürsten von Wahlstatt". Zu derselben Zeit
wurden Napoleons Armeen auch noch an anderen Orten von kühnen
Heerführern besiegt.
3. Die Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813. Immer
mehr trieben die Verbündeten ihren Feind in die Enge. Am 16., 18.
und 19. Oktober kam es auf der Ebene bei Leipzig zur großen Völker-
schlacht. Hier standen 300 000 Verbündete gegen 200 000 Franzosen.
An 1500 Kanonen waren in Tätigkeit. Der Kanonendonner soll so stark
gewesen sein, daß die Erde erbebte und die Fensterscheiben in den Häusern
der weiteren Umgebung zersprangen. Am ersten Schlachttage brachte
Das eiserne Areuz.