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1. Lesebuch für Volksschulen - S. 30

1877 - Ruhrort : Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
30 75. Die beiden Pflugschaare. Ein Meister hatte in seiner Werkstätte zu gleicher Zeit aus dem- selben Eisen zwei Pflugschaare geschmiedet. Ein thätiger Landmann kaufte die eine derselben und gebrauchte ste bei seiner Arbeit auf dem Felde. Die andere blieb bei dem Meister noch ein ganzes Jahr lang in einem Winkel der Werkstätte liegen und ward in dieser Zeit ganz vom Roste überzogen. In diesem Zustande kaufte sie ein anderer Landmann und brachte sie zufällig in die Nähe ihrer Schwester, die schon seit einem Jahre gebraucht worden war. „Wie ist das möglich!" rief sie aus, „du siehst ja so schmuck, so glatt und blank aus, wie du nie zuvor ausgesehen hast! Ich lag die ganze Zeit über ruhig und schonte mich, und doch hat mich der Rost so zugerichtet." „Eben weil du so sehr geschont wurdest," antwortete die blanke Pflugschaar der verrosteten, „eben darum konnte dir der Rost zusetzen. Unthätigkeit schadet immer mehr als Arbeit." Uebung und Gebrauch entwickelt. Dein Geist verrostet, wenn du ihn nicht anstrengst. 76. Die Bettlerin. Zur Zeit der Theuerung ging eine unbekannte Bettlerin, die sehr ärmlich, jedoch sehr reinlich gekleidet war, in dem Dorfe umher und flehte um Almosen. Bei einigen Häusern wurde ste mit rauhen Worten abgewiesen; bei andern bekam sie eine sehr geringe Gabe; nur ein armer Bauer rief sie, da es sehr kalt war, herein in die warme Stube, und die Bäuerin, die eben Kuchen gebacken halte, gab ihr ein schönes, großes Stück davon. Am folgenden Tage wurden alle die Leute, bei denen die Unbe- kannte gebettelt hatte, in das Schloß zum Abendeflen eingeladen. Als sie in den Speisesaal traten, erblickten sie ein kleines Tischchen voll köstlicher Speisen und eine große Tafel mit vielen Tellern, auf denen hie und da ein Stückchen verschimmeltes Brot, ein paar Erdäpfel, oder eine Hand voll Kleie, meistens aber gar nichts zu sehen war. Die Frau des Schlosies aber sprach: Ich war jene verkleidete Bettlerin und wollte bei dieser Zeit, wo es den Armen so hart geht, eure Wohlthätigkeit auf die Probe stellen. Diese zwei armen Leute hier bewirtheten mich, so gut sie konnten; sie speisen deshalb jetzt mit mir, und ich werde ihnen ein Jahrgeld auswerfen. Ihr andern aber nehmt mit den Gaben vorlieb, die ihr mir gereicht habt und hier auf den Tellern erblickt. Dabei bedenkt, daß man euch einst in jener Welt auch so auftischen wird. ' Wie man die Aussaat hier bestellt, So erntet man in jener Welt. Ehr. Schmid.
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