1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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die höchste menschliche Wohnung in der alten Welt, das Kloster
des heiligen Bernhard. Hier wohnen zehn bis zwölf fromme
Mönche, deren einziges Geschäft es ist, die Reisenden unentgelt-
lich zu bewirthen und ihnen alle Hülfe angedeihen zu lassen. In
den acht oder neun Monaten des Jahres, wo Schnee, Nebel, Un-
gewitter und Schneelawinen den Weg sehr gefährlich machen,
streifen diese Geistlichen oder ihre Diener täglich umher, um
Verirrte aufzusuchen, oder Versunkene zu retten. Schon viele
Jahre her bedienen sie sich zur Rettung der Verunglückten auch
besonders abgerichteter grosser Hunde. Diese gehen entweder
allein aus, oder werden von den Mönchen mitgenommen. Sobald
der Hund einen Verunglückten ausgewittert hat, kehrt er in pfeil-
schnellem Laufe zu seinem Herrn zurück und giebt durch Bellen,
Wedeln und unruhige Sprünge seine gemachte Entdeckung kund.
Dann wendet er um, immer zurücksehend, ob man ihm auch nach-
folge, und führt seinen Herrn nach der Stelle hin, wo der Ver-
unglückte liegt. Oft hängt man diesen Hunden ein Fläschchen
mit Branntwein oder andern stärkenden Getränken und ein Körb-
chen mit Brot um den Hals, um es einem ermüdeten Wanderer
zur Erquickung darzubieten. Ein solcher Hund war Barry. Zwölf
Jahre war er uuermüdet thätig und treu im Dienste der Mensch-
heit, und er allein hat in seinem Leben mehr als vierzig Menschen
das Leben gerettet. Der Eifer, den er hierbei bewies, war ausser-
ordentlich. Nie liess er sich an seinen Dienst mahnen. Sobald
der Himmel sich bedeckte, Nebel sich einstellten, oder die gefähr-
lichen Schneegestöber sich von Weitem zeigten, so hielt ihn nichts
mehr im Kloster zurück. Nun strich er rastlos und bellend umher
und ermüdete nicht, immer und immer wieder nach den gefähr-
lichen Stellen zurückzukehren und zu sehen, ob er nicht einen
Sinkenden halten, oder einen Vergrabenen hervorscharren könnte,
und konnte er nicht helfen, so setzte er in ungeheuren Sprüngen
nach dem Kloster hin und holte Hülfe herbei. Als er kraftlos-
and alt war, sandte ihn der würdige Prior nach Bern, wo er starb
und in dem Museum aufgestellt wurde. 0. Lenz.