1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
99
Willen, denen er gegeben hat zu dem Bedürfnisse die Werkzeuge, es
zu befriedigen, denen mehrere und wenigere Sinne aufgethan sind,
weiter zu dringen, als zu dem, was sie berühren, die den Schmerz
und die Freude kennen und die Freude suchen, wie du, o Mensch, und
dir verwandt sind. Wolltest du verachten eins derselben? nicht eines
Anblicks, nicht eines Gedankens würdigen? Du kannst hundert todten
mit einem Fußtritt, aber auch ein einziges bilden? Nein, mußt du
bekennen, dazu gehört eine Gotteshand, Allmachtshand. Wie stark
auch dein Arm, wie behende deine Finger und Werkzeuge, wie kunst-
reich dein Verstand ist, so kannst du kein einziges schaffen, von welchen
Gott so viele tausend mal tausend geschaffen hat, dermaßen, daß du
nicht zählen kannst, wie weit du mit deinen Augen nur reichst, wie
viel auf einem einzigen Baum nur lebt; denn es ist allenthalben von
allerlei Art, woget und treibt, wimmelt-und summt in lauter Fülle,
Lebensfülle, zur Sommerzeit. Cl. Harms.
174. Sommerlied.
1. Geh' aus, mein Herz, und suche Freud' in dieser lieben Sommerzeit an
deines Gottes Gaben! Schau au der schönen Gärten Zier und siehe, wie sie
mir und dir sich ausgeschmücket haben!
2. Die Bäume stehen voller Laub, das Erdreich decket seinen Staub mit
einem grünen Kleide. Narzissen und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner
an, als Salomonis Seide.
3. Die Lerche schwingt sich in die Luft, das Täubchen fleugt aus seiner
Kluft und macht sich in die Wälder. Die hochbegabte Nachtigall ergötzt und
füllt mit ihrem Schall Berg, Hügel, Thal und Felder.
4. Die Glucke führt ihr Völklein aus, der Storch baut und bewohnt sein
Haus, das Schwälblein ätzt ihr' Jungen; der schnelle Hirsch, das leichte Reh
ist froh und kommt aus seiner Höh' in's tiefe Gras gesprungen.
5. Die Bächlein rauschen in dem Sand und malen sich und ihren Rand
mit schattenreichen Weiden; die Wiesen liegen hart dabei und klingen laut
vom Lustgeschrei der Schafe voller Freuden.
6. Die uuverdrosi'ne Bienenschaar fleugt hin und her, sucht hier und da
ihr' edle Honigspeise; des süßen Weinstocks edler Saft bringt täglich neue
Stärk' und Kraft in seinem schwachen Reise.
7. Ich selber kann und mag nicht ruh'n, des großen Gottes großes Thun
erweckt mir alle Sinnen. Ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was
dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen.
8. Ach, denk' ich, bist du hie so schön, und läßt du's uns so lieblich geh'n
auf dieser armen Erden: „Was will doch wohl nach dieser Welt dort in
dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden?
9. O, wär' ich da! o, ständ' ich schon, ach, süßer Gott, vor deinem Thron
und trüge meine Palmen; so wollt' ich nach der Engel Weis' erhöhen deines
Namens Preis mit tausend schönen Psalmen." P. Gerhard.
175. Zugvögel.
Kind. Ihr Vöglein alle, wohin, wohin?
Vogel. Nach wärmerem Lande steht unser Sinn.
K. So weit übe?: Berge und Feld und Meer?
Verirrt ihr euch nicht gar zu sehr?
B. Der liebe Gott mit seiner Hand,
Der führt uns immer in's rechte Land.
7 *