1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Er aber sprach: „Ich Litte euch, meine Kinder, brauchet der Waffen
nicht, vergeltet nicht Böses mit Bösem. Fürchtet euch nicht vor denen,
die den Leib todten, aber die Seele nicht mögen tödten. Erduldet in
der lebendigen Kraft des Glaubens die letzte Prüfung, die uns auf-
gehoben ist, den Tod, aus Liebe zu dem, der für uns gelitten hat und
gestorben ist." Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als die Friesen
auf ihn und seine Gefährten eindrangen und alle erschlugen. So starb
Bonifacius, 75 Jahre alt. Seine Leiche ruht im Kloster zu Fulda.
5. Karl der Große. (768—614.)
1. Karl als König. In dem Frankenreiche, das nach und nach
seine Grenzen über das heutige Frankreich, Deutschland, Holland, die Schweiz,
einen Theil von Italien, Spanien und Ungarn ausgedehnt hatte, herrschte
von 768—814 n. Chr. ein gewaltiger König, Namens Karl. Dieser war fort-
während bemüht, sein Reich zu sichern, zu ordnen und zu erweitern. Deshalb
sah er sich genöthigt, während seiner langen Regierung fast unausgesetzt Kriege
zu führen. Im Ganzen machte er 42 Feldzüge, in welchen er mit wenigen
Ausnahmen stegreich war.
2. Der Sachsenkrieg. Am schwersten waren seine Kriege mit dem mäch-
tigen Volke der Sachsen, die in Westfalen und in Sachsen bis zur Elbe wohnten.
Dieses tapfere Volk wollte Karl unter seinen Scepter beugen und zur Annahme
des Christenthums zwingen. Er erfocht über sie manchen blutigen Sieg, zer-
störte ihr größtes Heiligthum, die Jrmensäule, die unweit des heutigen
Paderborn, auf dem Hauptversammlungsplatze ihres Götzendienstes stand und
einen völlig bewaffneten Mann mit einer Fahne in der rechten und einer Lanze
in der linken Hand vorstellte, führte ihre Edelsten als Geiseln weg, erbaute Festungen
mitten in ihrem Lande, gab ihnen Statthalter und Feldherren aus seinem eigenen
Volke und ließ sie schaarenweise mit Gewalt zur christlichen Taufe hintreiben.
Kaum aber war ein erzwungener Friede geschlossen und Karl zu neuen Siegen
nach Italien geeilt, als die Sachsen sich wieder empörten, den ihnen aufge-
drungenen Christenglauben verließen, die fremden fränkischen Feldherren erschlugen,
unter Anführung ihres Herzogs Wittekind in die Länder des Frankenkönigs
einfielen und sie mit Feuer und Schwert verheerten. Da beschloß Karl, die
Sachsen zu züchtigen. Er flog aus Italien herbei, schlug die Heere seiner Feinde,
ließ auf einer Stelle 4500 der gefangenen Sachsen enthaupten und späterhin
gegen 10.000 aus ihren Wohnungen zusammentreiben und an andere Orte ver-
setzen. Vor einem solchen Beweise seiner Macht, meinte der Kaiser, müßten
die Ungehorsamen wohl erzittern und sich beugen. Aber er bewirkte gerade
das Gegentheil. Das ganze Volk der Sachsen erhob sich und schwur den Feinden
seiner Freiheit und seines Glaubens blutige Rache.
Im Jahre 783 kam es hierauf bei Detmold zur Schlacht, in welcher
Karl gezwungen wurde, sich bis nach Paderborn zurückzuziehen. In einem
zweiten Treffen an der Hase im Osnabrückischen blieb er zwar Sieger,
dennoch aber stillte er die Empörung nicht, obgleich in beiden Schlachten gegen
80,000 Sachsen gefallen waren.
3. Wittekinds Bekehrung und Unterwerfung. Da sah Karl
endlich ein, daß er andere Waffen gebrauchen müsse, als das Schwert. Er ließ
die beiden furchtbarsten Anführer der Sachsen, Wittekind und Albion, zu
verschiedenen Malen freundlich zu sich entbieten. Wäre dies früher geschehen,
dann würden sie ohne Zögern und mit Vertrauen erschienen sein; aber jetzt
verabscheuten sie den grausamen Störer ihrer Ruhe und wiesen seine Einladungen
mit Verachtung zurück. Doch zuletzt beschlossen beide, sich, in Bettlerkleidung
gehüllt, in Karls Nähe zu begeben, um diesen furchtbaren Mann auch außer der
Schlacht einmal zu sehen. Sie verließen im Geheim das Heer der Sachsen,
traten ihre Wanderung an und erreichten gerade an einem Festtage die Stadt,