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1. Lesebuch für Volksschulen - S. 131

1877 - Ruhrort : Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
Doch fanden sie den Riesen nicht In Felsen noch Gehegen. Zur Mittagsstund' am vierten Tag Der Herzog Milon schlafen lag In einer Eiche Schatten. 7. Roland sah in der Ferne bald Ein Blitzen und ein Leuchten, Davon die Strahlen in dem Wald Die Hirsch' und Reh' aufscheuchten; Er sah, es kam von einem Schild, Den trug ein Riese groß und wild, Vom Berge niedersteigend. 8. Roland gedacht' im Herzen sein: „Was ist das für ein Schrecken! Soll ich den lieben Vater mein Im besten Schlaf erwecken? Es wachet ja sein gutes Pferd; Es wacht sein Speer, sein Schild und Schwert, Es wacht Roland der junge." 9. Roland das Schwert zur Seite band, Herrn Milons starkes Waffen, Die Lanze nahm er in die Hand Und that den Schild aufraffen. Herrn Milons Roß bestieg er dann Und ritt erst sachte durch den Tann, Den Vater nicht zu wecken. 10. Und als er kam zur Felsenwand. Da sprach der Ries' mit Lachen: „Was will doch dieser kleine Fant Auf solchem Rosse machen? Sein Schwert ist zwier so lang als er, Vom Rosse zieht ihn schier der Speer, Der Schild will ihn erdrücken." 11. Jung Roland rief: „Wohlauf zum Streit: Dich reuet noch dein Necken. Hab' ich die Tartsche lang und breit, Kann sie mich besser decken; Ein kleiner Mann, ein großes Pferd, Ein kurzer Arm, ein langes Schwert, Muß eins dem andern helfen." 12. Der Riese mit der Stange schlug, Auslangend in die Weite, Jung Roland schwenkte schnell genug Sein Roß noch auf die L>eite; Die Lanz' er auf den Riesen schwang, Doch von dem Wunderschilde sprang Auf Roland sie zurücke. 13. Jung Roland nahm in großer Hast Das Schwert in beide Hände. Der Riese nach dem seinen faßt', Er war zu unbehende! Mit flinkem Hiebe schlug Roland Ihm unter'm Schild die linke Hand, Daß Hand und Schild entrollten. 131 14. Dem Niesen schwand der Muth dahin. Wie ihm der Schild entrissen; Das Kleinod, das ihm Kraft verlieh'», Mußt' er mit Schmerzen missen. Zwar lief er gleich dem Schilde nach, Doch Roland in das Knie ihn stach, Daß er zu Boden stürzte. 15. Roland ihn bei den Haaren griff, Hieb ihm das Haupt herunter; Ein großer Strom von Blute lief Jn's tiefe Thal hinunter; Und aus des Todten Schild hernach Roland das lichte Kleinod brach Und freute sich am Glanze. 16. Dann barg er's unter'm Kleide gut Und ging zu einer Quelle, Da wusch er sich von Staub und Blut Gewand und Waffen helle; Zurücke ritt der jung' Roland, Dahin, wo er den Vater fand Noch schlafend bei der Eiche. 17. Er legt sich an des Vaters Seit', Vom Schlafe selbst bezwungen, Bis in der kühlen Abendzeit Herr Milon aufgesprungen: „Wach' auf, wach' auf, mein Sohn Roland Nimm Schild und Lanze schnell zur Hand, Daß wir den Riesen suchen!" 18. Sie stiegen auf und eilten sehr, Zu schweifen in der Wilde, Roland ritt hinter'm Vater her Mit deffen Speer und Schilde; Sie kamen bald zu jener Stätt', Wo Roland jüngst gestritten hätt'; Der Riese lag im Blute. 19. Roland kaum seinen Augen glaubt', Als nicht mehr war zu schauen Die linke Hand, dazu das Haupt, So er ihm abgehauen, Nicht mehr des Riesen Schwert und Speer, Auch nicht sein Schild und Harnisch mehr. Nur Rumpf und blut'ge Glieder. 20. Milon besah den großen Rumpf, „Was ist das für 'ne Leiche? Man sicht noch am zerhau'ncn Stumpf, Wie mächtig war die Eiche. Das ist der Riese! frag' ich mehr? Verschlafen hab' ich Sieg und Ehr' Drum muß ich ewig trauern!" — 9 *
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