1877 -
Ruhrort
: Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
- Autor: Schüler, C., Ricken, W. M.
- Auflagennummer (WdK): 28
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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strafen werde. Hat es nicht das Ansehen, als ob diese Leute mich
geradezu zu ihrem Abgotte machen?"
2. Gustav Ad olfs Tod. Bei Lützen, nicht weit von Leipzig,
hatte Gustav seine Truppen zusammengezogen; hier lagerte er sich am
15. November dem Wallenstein'schen Heere gegenüber. Die Nacht
brachte er im Gespräch mit dem Herzoge Bernhard von Weimar
in einem Wagen zu. Am Morgen des 16. November lag ein dichter
Nebel auf dem Gesilde. Sobald der Morgen graute, befahl der
König seinem Feldprediger, Gottesdienst zu halten. Die Trompeten
bliesen die Melodie einiger geistlichen Lieder: „Ein' feste Burg ist
unser Gott;" „Es woll' uns Gott gnädig sein;" „Verzage nicht, du
Häuflein klein." Das ganze Heer sang die Strophen andächtig
mit. Endlich gegen 10 Uhr blitzten die ersten Sonnenstrahlen durch
den Nebel. Nach kurzem Gebete schwang sich der König auf sein
Roß, stellte sich an die Spitze des Heeres und rief: „Nun wollen wir
dran, das walt' der liebe Gott! Jesu! Jesu! hilf mir heute streiten
zu deines Namens Ehr'!" Den Brustharnisch wies er zurück mit den
Worten: „Gott ist mein Harnisch!" — Der Sieg neigte sich bald auf
den meisten Punkten auf die Seite der Schweden; aber der linke
Flügel wurde zurückgedrängt. Schnell eilte er an der Spitze seiner
tapfern Reiter nach dem bedrohten Orte, den Bedrängten zu helfen.
Sein kurzes Gesicht brachte ihn aber zu nahe an den Feind. Sein
Pferd bekommt einen Pistolenschuß durch den Hals, ein zweiter zer-
schmettert ihm den linken Arm. Er bittet den Herzog vonlauen-
burg, der hinter ihm reitet, ihn aus dem Getümmel zubringen; aber
in diesem Augenblicke erhält er noch einen Schuß in den Rücken.
Mit dem Ausrufe: „Mein Gott, mein Gott!" sinkt er entseelt vom
Pferde, das ihn noch eine Strecke mit sich fortschleift. Wiehernd
rennt des Königs Roß, mit Blut bedeckt, durch die Reihen der Schweden
und bringt ihnen zuerst die Kunde von dem Tode ihres Führers.
Mit namenloser Erbitterung dringen nun die Schweden abermals in
den Feind. Schon weicht dieser, da erscheint Pappenheim mit neuen
Truppen. Da beginnt eine neue Schlacht, aber die Kaiserlichen werden
geworfen, und Pappenheim selber fällt. Als sich die Kunde von
dem Tode des Königs verbreitete, war Freund und Feind gleich
erschüttert, und der Kaiser selbst soll geweint haben, als ihm das blu-
tige Koller Gustav Adolfs gezeigt wurde.
3. Gustav Adolfs Denkmal. Lange Zeit bezeichnete auf dem
Lützcner Felde ein einfacher Stein den Ort, wo Gustav Adolf fiel.
1838 ist auf der Stelle ein gußeisernes Denkmal errichtet worden.
Ein noch schöneres Denkmal indeß ist dem Vertheidiger des evangelischen
Glaubens dadurch hergestellt worden, daß sich im deutschen Vaterlande
ein Verein gebildet hat, dessen Mitglieder jährlich einen Beitrag an
Geld geben, um den unter den Katholiken zerstreut wohnenden
Glaubensgenossen zu Kirchen und Schulen zu verhelfen. Dieser
Verein nennt sich „Gustav-Adolfs-Verein".