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1. Lesebuch für Volksschulen - S. 187

1877 - Ruhrort : Selbstverl. W. Ricken und C. Schüler
1s7 Napoleon hielt schon am 27. Oktober seinen Einzug in Berlin und setzte dann die Verfolgung des fliehenden preußischen Heeres fort. Die königliche Familie hatte inzwischen Berlin verlassen und sich nach Königsberg begeben. Die Trümmer des preußischen Heeres vereinigten sich hinter der Oder mit^ei- nem unterdeß angekommenen russischen Hülfsheere. Die vereinigten Rusien und Preußen lieferten Napoleon am 7. und 8. Februar 1807 in harter Winter- kälte, unter Sturm und Schneegestöber die höchst blutige Schlacht bei Gifau in Preußen. Heldenmüthig kämpften die Russen, noch heldenmütiger die Preußen, doch blieb der Sieg unentschieden. Die Bewohner der ehemals pol- nischen Länder wurden von Napoleon aufgewiegelt und ihnen die Herstellung des Königreichs Polen versprochen. Am 14. Juni wurde bei Ariedtand noch einmal gestritten, aber ein vollkommener Sieg über das verbündete Heer der Russen und Preußen errungen. Die Franzosen besetzten auch Königsberg und Tilsit; nur die östliche Spitze von Preußen war noch im Besitz preußischer Truppen. Was blieb dkm Könige in dieser Lage übrig, als Frieden zu suchen? Am 25. Juni kam Napoleon mit dem Kaiser Alexander und dem Könige von Preußen auf dem Flusse Niemen zusammen, um Näheres über den Frie- den zu besprechen. Hier erschien auch die Königin Luise von Preußen, ein Bild der Hoheit und Anmuth. Finster und stolz fragte Napoleon die Königin: „Wie konnten Sie es auch nur wagen, Krieg mit mir anzufangen?" Mit edler Würde erwiderte ihm Luise: „Dem Ruhme Friedrichs des Großen war es erlaubt, uns über unsere Kräfte zu täuschen, wenn wir uns anders getäuscht haben." Am 7. Juli wurde zu Hilflt der Friede abgeschlossen. Und welch' ein Friede! — Preußen mußte an Frankreich 140 Mill. Thaler zahlen, es verlor die Hälfte seines Königreiches bis an die Elbe, die Festungen blieben von Franzosen besetzt, und nur 42,000 Soldaten durfte das preußische Heer zählen. 54. Sternlein in dunkler Nackt. Schmerzlich musste für den König der Verlust so vieler treuer Unter- thanen sein, die durch den Tilsiter Frieden von dem gemeinsamen Vater- lande losgerissen wurden. Das bezeugt auch der Abschied, den er von ihnen nahm, und worin er sagt: „Das Schicksal gebietet, der Vater schei- det von seinen Kindern; Ich entlasse euch aller Unterthanenpflicht gegen Mich und Mein Haus. Unsere heissesten Wünsche begleiten Euch zu Eurem neuen Landesherrn; seid Ihm, was Ihr mir wäret! Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus Meinem und der Meinigen Herzen vertilgen.“ Aber es musste seinem Herzen wohlthun, wenn er die rüh- renden Scheideworte las, die die wackeren Westfalen an ihren ehema- ligen Landesvater schrieben: „Das Herz wollte uns brechen, als wir Deinen Abschied von uns lasen, und wir können uns noch heute nicht überreden, dass wir aufhören sollen, Deine Unterthanen zu sein, wir, die Dich immer so lieb hatten.“ Und zum Schlüsse hiess es: „Können wir aussteifn gegen den eisernen Arm des Schicksals? Wir müssen alles mit männlichem Muthe dulden, was abzuändern nicht in unserm Vermögen ist. Der Himmel stehe uns bei! Dir gebe Gott Frieden, Gesundheit und Freude! Wir waren die Deinen!“ Betitelt aber war der Brief: „An König Friedrich Wilhelm den Guten.“ Wenn in der Grafschaft Mark in dem Kirchengebete des neuen Lan- desherrn Erwähnung geschah, so nannten viele Zuhörer dabei ziemlich laut den Namen: Friedrich Wilhelm. Als die königlichen Amtsgüter ver- kauft werden sollten, um das Geld den französischen Kassen zufliessen zu lassen, wollte sich kein Käufer dazu finden; denn es hiess: „Wer es kauft, der kauft gestohlenes Gut, und dem zerschlagen wir den Hirnschä- del!“ Wenn der Geburtstag des Königs kam, verboten zwar die Fran- zosen die öffentliche Feier desselben; aber das konnten sie doch nicht
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